SPD-Landeschef Stegner: Das Ende eines Hoffnungsträgers
Ralf Stegner versucht nach dem verlorenen Mitgliederentscheid in Schleswig-Holstein, seine Ambitionen auf einen Posten in der Bundes-SPD zu retten.
KIEL taz | Ralf Stegner, SPD-Vorsitzender in Schleswig-Holstein und bundesweit als Stimme des linken Parteiflügels bekannt, hat schon einige schlimme Tage erlebt in den vergangenen Jahren: Er musste sein Amt als Innenminister aufgeben, um die Koalition mit der CDU zu retten. Er verlor als Landesparteichef eine Kommunalwahl krachend und erlitt als Spitzenkandidat eine böse Niederlage gegen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU).
Am vergangenen Wochenende fiel Stegner nun auch bei einer internen Wahl durch: Nur 32 Prozent der eigenen Parteibasis hielten ihn bei einem Mitgliederentscheid für den Richtigen, um als SPD-Spitzenkandidat die Landespartei in die vorgezogene Neuwahl im kommenden Jahr zu führen. Sehr deutlich siegte der Kieler Bürgermeister Torsten Albig mit 57 Prozent. Er sei "überrascht und enttäuscht" vom Ergebnis, hatte Stegner nach der Auszählung gesagt.
"Das war keine Flügelentscheidung und keine Pro-Albig-, sondern eine Anti-Stegner-Wahl", sagt Günter Neugebauer, der 30 Jahre Mitglied des Landtages war und sich als ehemaligen Förderer Stegners bezeichnet. Das habe sich gewandelt: "Ich war keineswegs überrascht vom Ergebnis." Ein anderes SPD-Mitglied meint, Stegner habe zu wenig auf Ratschläge gehört: "Er hätte sich sonst dieser Abstimmung nicht gestellt."
In den vergangenen Jahren war gemunkelt worden, Stegner habe Ambitionen auf einen Posten in der Bundes-SPD. Doch ohne eine Wahl zu gewinnen, sei das sehr unwahrscheinlich, meinen Kieler Genossen: "Um überhaupt weiter eine Rolle zu spielen, muss er den Landesvorsitz der Partei behalten." Dafür versuchte Stegner einen Tag nach seiner Niederlage die Weichen zu stellen: In einem Vier-Augen-Gespräch überzeugte Stegner Torsten Albig, nicht für den Parteivorsitz anzutreten, sondern Stegners erneute Kandidatur für die Parteispitze zu unterstützen.
"Ich begrüße natürlich, dass sie aufeinander zugehen", sagt Andreas Beran, Mitglied der SPD-Landtagsfraktion. "Allerdings könnte diese frühe Festlegung mögliche Bewerber um das Amt des Parteivorsitzenden abschrecken. Das wäre schade, gerade nach der so erfolgreichen Mitgliederbefragung." Günter Neugebauer findet es schlicht "empörend", wenn Personalentscheidungen in kleiner Runde getroffen werden: "Darüber hat die Partei das letzte Wort."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern