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Archiv-Artikel

SCHWEDEN: DIE GRÖSSTEN KRITIKER DER ELCHE SIND SELBER WELCHE Zur Folter an den Nil

Die Bush-Regierung in Washington hat ein Problem mit der Verfassung ihres Landes: Sie verbietet, dass auf US-Heimatboden solche körperlichen Quälereien möglich sind, wie sie vom Stützpunkt Guantánamo auf Kuba oder vom Gefängnis Abu-Ghraib im Irak bekannt wurden. Die Lösung dieses Problems heißt Folter-Charter. Des Terrorismus Verdächtige werden zur Spezialbehandlung in Länder mit bekannt brutalen Regimen ausgeflogen, die die Drecksarbeit übernehmen dürfen, die in den USA verboten ist.

Auch Schweden hat den amerikanischen Spezialisten bereitwillig zwei Asylsuchende ausgehändigt und sie unter Verstoß gegen die eigene Verfassung fortschaffen lassen. Aber selbst die große Terrorhysterie kurz nach dem Anschlag vom 11. September 2001 hätte nicht erfordert, die beiden einer US-Spezialtruppe zu überlassen, um sich selbst wegen der Folgen die Hände in Unschuld zu waschen. Wäre die damals dafür verantwortliche Ministerin Anna Lindh nicht zwischenzeitlich ermordet worden, sie hätte spätestens mit den Enthüllungen über diese Vorgänge zurücktreten müssen. Doch der eigentliche Skandal begann erst mit dieser Nacht-und-Nebel-Aktion. Nach der Abschiebung in das – gerade von Schweden und von Anna Lindh persönlich – wegen stetiger Verstöße gegen Menschenrechte scharf kritisierte Ägypten, wollte Stockholm die Sache einfach vergessen machen. Befragt, warum man die Berichte über die anschließenden Misshandlungen der beiden Asylbewerber nicht öffentlich gemacht habe, kam jetzt die Entschuldigung: aus Rücksicht auf die Beziehungen zu Ägypten und die Lage der Gefangenen selbst. Man hat also geschwiegen, um diese nicht der Gefahr schlimmerer Folter auszusetzen.

Und habe aus solch humanen Beweggründen natürlich ganz zwangsläufig auch Parlament wie UNO belügen müssen. Justizminister Bodström zufolge kann so etwas im Kampf gegen Terrorismus oder organisierte Kriminalität wieder passieren. Man mag sich gar nicht entscheiden, was skandalöser ist: die Regierungspraxis oder eine solche Rechtfertigung. REINHARD WOLFF