S-Bahn-Untersuchungsbericht: Bahn wälzt Verantwortung ab

Für das monatelange Verkehrschaos in Berlin will der DB-Konzernvorstand nicht verantwortlich sein: Die Manager der Tochtergesellschaft S-Bahn hätten es ganz allein verbockt.

Wegen Wartungsmängeln an Bremsen und Radproblemen kann Berlins S-Bahn seit Ende Juni 2009 nur ein Rumpfangebot fahren. Bild: ap

BERLIN taz | Die Deutsche Bahn AG hält sich für unschuldig am monatelangen S-Bahn-Chaos in Berlin. Bahn-Vorstandsmitglied Ulrich Homburg stellte am Dienstag den Bericht einer Kanzlei (PDF) vor, die die Missstände im Auftrag der Bahn untersucht hat. Ihr Fazit: Verantwortlich für die Probleme war vor allem die lokale Geschäftsführung der S-Bahn und die schlechte Qualität der von Bombardier gelieferten Züge. Die Bahn AG, der die S-Bahn gehört, sei dagegen "weder für die technischen Mängel veranwortlich", noch seien sie "auf Aktivitäten, Handlungen oder Unterlassungen des DB-Konzerns zurückzuführen", heißt es in dem Bericht. Das vom Konzern verordnete Sparprogramm habe höchstens "vorhandene Probleme in der Tendenz ungewollt verstärkt".

Bei in Berlin eingesetzten S-Bahn-Wagen waren seit vergangenem Sommer der Reihe nach Probleme mit Rädern, Achsen und Bremszylindern bekannt geworden. Das Eisenbahnbundesamt zog Wagen aus dem Verkehr, teilweise war nur noch ein Drittel der Fahrzeuge im Einsatz, auf zentralen Strecken wurde der Verkehr wochenlang komplett eingestellt.

Grund dafür: Es hatte sich herausgestellt, dass die S-Bahn die Fahrzeuge nicht so häufig gewartet hatte wie zugesagt. Die Geschäftsführung der S-Bahn wurde ausgetauscht, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Doch die Zugausfälle werden noch lange andauern: Erst im Jahr 2011 wird wieder die gesamte Flotte zur Verfügung stehen, kündigte Homburg an. Eine Umstrukturierung im Konzern und die Einführung einer Betriebseinheit für Technische Revision sollen dafür sorgen, dass sich Pannen wie bei der S-Bahn nicht wiederholen.

In den vergangenen Monaten hatte Homburg immer wieder angekündigt, die Bahn werde personelle Konsequenzen verkünden, sobald der Bericht vorliege. Doch jetzt sagte Homburg dies wieder ab: Die Namen der verantwortlichen Manager könnten nun doch nicht genannt werden, da dies gegen deren Persönlichkeitsrechte verstoße. Zudem wolle die Bahn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht beeinflussen.

Bundesverkehrminister Peter Ramsauer (CSU) sieht dagegen durchaus eine Mitverantwortung des Konzerns. Im ZDF-Morgenmagazin kündigte er "andere Maßgaben und Zielsetzungen für die Bahn insgesamt" an. Das Hauptziel der Politik der vergangenen zehn Jahre sei gewesen, "die Braut zu schmücken für das Börsenparkett" - das habe dazu geführt, dass viele Qualitätsmerkmale "hinten runtergefallen" seien.

Die Bahn wies diesen Vorwurf unter Hinweis auf den Bericht zurück. Schon mindestens seit den Neunzigerjahren habe es bei der S-Bahn ein völlig unzureichendes Qualitätsmanagement gegeben. "Schon von der Kausalität her können Sparvorgaben des Konzerns aus dem Jahr 2005 also nicht die Ursache dafür gewesen sein", sagte Anwalt Detlef Schmidt, einer der Autoren des Berichts.

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