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Ryschkow warnt vor radikalen Linken

Moskau (afn/taz) — Der sowjetische Ministerpräsident Nikolai Ryschkow hat am Mittwoch vor einer „sozialen Explosion“ in der UdSSR gewarnt, die bei dem „kleinsten Fehler“ zu befürchten sei. Bei der Regierungserklärung vor dem 4. Kongreß der Volksdeputierten übte Ryschkow mit zitternder Stimme heftige Kritik an der Perestroika, der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow hatte vor seiner Rede den Saal verlassen. Nach dem Ministerpräsidenten sagte der russische Präsident Boris Jelzin vor dem Kongreß, Rußland akzeptiere niemals die Rückkehr der Diktatur des Kreml. Ein Ausweg aus der Krise sei nur bei einer Gleichberechtigung der Republiken mit dem Zentrum möglich.

Ryschkow machte „zerstörerische Kräfte“, die den Kapitalismus in der UdSSR einführen wollten, für die explosive Situation im Land verantwortlich. In dieser Lage sei eine „Schocktherapie“ unmöglich. Die ursprüngliche Idee der Perestroika, die 1985 von Gorbatschow initiiert worden sei, um den Sozialismus zu reformieren, sei gescheitert, sagte Ryschkow. Durch die Umgestaltung seien zahlreiche Strukturen des Staates und der Kommunistischen Partei zerschlagen, aber nichts Neues aufgebaut worden. Es sei offensichtlich, daß jetzt „zerstörerische Kräfte“ versuchten, den Charakter des sozialistischen Systems zu verändern. Unter der Flagge des Marktes habe ein politischer Kampf begonnen. Vor allem die „radikalen Linken“ wollten den Kapitalismus einführen.

Ryschkow teilte den Deputierten mit, daß sich 1990 alle Wirtschaftsparameter verschlechterten. Das Volkseinkommen sei um drei Prozent gesunken und die Exporte um zwölf Prozent zurückgegangen. Außerdem müsse die UdSSR neun Milliarden Devisenrubel (nach dem offiziellen Kurs rund 18,7 Milliarden Mark) Schuldendienst leisten. Der Ministerpräsident forderte den Kongreß auf, die Gesetze der Sowjetrepubliken vorübergehend auszusetzen und damit den Streit über die Vorrangigkeit von Unions- und Republikenrecht zu beenden. Außerdem empfahl er ein Streikverbot und ein Gesetz, das untersagt, Fabriken aus wirtschaftlichen Gründen zu schließen. Der Regierungschef zeigte sich skeptisch über die von Gorbatschow vorgeschlagene Regierungsreform. Das präsidentielle System habe im vergangenen Jahr nicht viel erreicht, sagte Ryschkow.

Jelzin erklärte vor den Delegierten, ein Ausweg aus der Krise sei nur bei einer völligen Gleichstellung der Union und der Sowjetrepubliken möglich. Die Russische Föderation werde niemals die Rückkehr der „Diktatur des Kreml“ zulassen. „Die Zeit der Befehle ist vorbei“, sagte Jelzin. Ohne Gorbatschow direkt zu nennen, kritisierte Jelzin die Macht des „Präsidenten der Union“. „Weder Stalin noch Breschnew“ hätten so viel Kompetenzen gehabt.

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