Russlands Anti-Krisen-Paket: Drei Billionen Rubel für Konjunktur
Der Kreml will drei Billionen Rubel in ein Antikrisenpaket stecken. Auf Kritik, die an der verspäteten Reaktion der Regierung geübt worden war, ging Premier Putin nicht ein.
MOSKAU taz "2009 wird kein einfaches Jahr", meinte Premier Wladimir Putin, als er gestern vor der Duma seinen ersten Rechenschaftsbericht als Ministerpräsident ablieferte. Die Pflicht zum Rapport vor den Abgeordneten hatte Präsident Dimitri Medwedjew erst im letzten Jahr in die Verfassung aufnehmen lassen.
Wladimir Putin nahm sich für den Auftritt vor den Gesetzgebern, die fast in voller Stärke erschienen waren, gut zwei Stunden Zeit. Davon entfiel aber nur ein Viertelstündchen auf die Bilanz der Regierungstätigkeit, bevor sich Putin dann den Krisenmaßnahmen zuwandte. Insgesamt will der Kreml drei Trillionen Rubel in ein Antikrisenpaket stecken.
Alles in allem zeichnete Putin ein positives Bild. "Russland wird die Krise überwinden", sagte Putin am Montag bei seiner gut einstündigen Regierungserklärung vor dem Parlament in Moskau. Im öffentlichen Wohnungsbau, im Gesundheits- und Bildungssystem habe die Regierung beträchtliche Fortschritte erzielt. Trotz Krise wuchs das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2008 um 5,6 Prozent. Die Arbeitsproduktivität stieg und auch die Löhne legten kräftig zu, selbst bei der Geburtenziffer wurde mit 1,7 Millionen Neugeborenen ein Rekord erzielt. Der Tenor war eindeutig: ohne die von außen importierte Krise stünden Russland und die Regierung glänzend da. Der Rechenschaftsbericht beschränkte sich aufs Positive. Auch auf die Kritik, die im Vorfeld an der verspäteten Reaktion der Regierung geübt worden war, ging Putin nicht ein. Fast ein Drittel der Währungsreserven waren Russland verloren gegangen. Auch in der Fragerunde, an der alle vier Dumafraktionen teilnahmen, blieben unangenehme Fragen ausgeklammert. Spontaneität konnte sich ohnehin nicht einstellen, da die drei zulässigen Fragen pro Fraktion schon vor Wochen schriftlich eingereicht werden mussten. Der Premierminister lässt sich auch nur ungern auf Diskussionen ein, schon gar nicht wenn sie öffentlich sind.
Putins Auftritt sollte vor allem Ruhe signalisieren und deutlich machen, dass die Regierung alles unter Kontrolle hat. Mehrfach hob er hervor, dass trotz der schlechteren Finanzlage das Projekt der ökonomischen Modernisierungsstrategie 2020, das noch aus der seligen Zeit der boomenden russischen Wirtschaft stammt, nicht aufgegeben werde. Die Botschaft war eindeutig: Wir halten den Kurs. Wie die Maßnahmen allerdings finanziert werden sollen, verriet der Premier nicht. Im laufenden Jahr wird der Haushalt ein Defizit von 3 Billionen Rubel aufweisen, die gleiche Summe plant die Regierung in die Bekämpfung der Krise zu stecken. Ob die Gelder ausreichen, ist fraglich. Laut letztem Weltbank-Bericht traf Russland die Krise wesentlich härter als andere Industrieländer. Auch die Rekonvaleszenzphase dürfte daher länger dauern.
Um Unzufriedenheit in der Bevölkerung vorzubeugen, versprach Putin einzelnen gesellschaftlichen Gruppen, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. So können Armeeangehörige ab 2011 mit einem wesentlich höheren Sold rechnen und auch die Renten sollen demnächst noch einmal angehoben werden. Bei Protesten gegen soziale Missstände stellen gerade Rentner die Gruppe besonders aktiver Demonstranten vor allem in den Regionen. Ansonsten vermied der Regierungschef aber populistische Lösungen und Losungen. Das grundlegende Dilemma konnte er jedoch nicht überspielen: vor härten Zeiten zu warnen und im selben Atemzug alle Sorgen zu zerstreuen. Das schafft nicht einmal Wladimir Putin. Mit Ausnahme der Kommunisten stimmten alle anderen Fraktionen der Duma für die Annahme des Antikrisenprogramms.
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