: Russisches Öl jetzt ganz privat
Staatliche Ölgesellschaft zum Vetternpreis verschleudert. Chinesen ohne Chance
BERLIN taz ■ Innerhalb von vier Minuten wurde am Mittwoch eine der letzten großen fast-staatlichen Ölgesellschaften Russlands privatisiert, die Slavneft AG. Auf der ganz offensichtlich getürkten Auktion gingen 74,95 Prozent ihrer Aktien zu einem Schleuderpreis von 1,84 Milliarden Dollar an eine AG namens Investoil. Die wiederum vertrat die Interessen der bekannten russischen Ölfirmen Sibneft und TNK (Tyumen Oil Co.). Hinter der Sibneft steht der einstige Kreml-Drahtzieher und heutige Gouverneur von Tschukotka, Roman Abramowitsch.
Der Preis für die Slavneft überstieg um nur weniges das Startangebot von 1,7 Mlliarden Dollar, während Experten den Wert der Ölgesellschaft auf etwa 3 Milliarden schätzten. Noch am Abend des 17. Dezember hatten beim Russischen Föderalen Eigentumsfonds elf Firmen um Teilnahme ersucht. Am Morgen des 18. aber war die Liste auf sieben Zugelassene geschrumpft. Von denen boten überhaupt nur drei mit, allesamt mit dem Team Sibneft-TNK liiert. „Sibneft hat gewonnen und der Staat hat verloren“, kommentierte das Resultat der Vorsitzende des Duma-Haushaltsausschusses, Michail Sadornow.
Obwohl der Föderale Eigentumsfonds die Auktion als Muster neuer Transparenz angekündigt hatte, unterschied sie sich in nichts von den skandalumwitterten Privatisierungsversteigerungen Mitte der 90er-Jahre, bei denen der Jelzin-Clan die ehemaligen Reichtümer der Sowjetunion seinen Spezis zuschusterte. Das Endergebnis war nur der letzte Skandal in einer ganzen Reihe, die die Auktion bereits in ihrem Vorfeld begleiteten.
Der Tritt in ein gigantisches außenpolitisches Fettnäpfchen blieb der russischen Regierung am Montag erspart, als die Chinese National Petroleum Corporation ihre Beteiligung an der Versteigerung zurückzog. Zuvor hatte die Duma-Mehrheit den Präsidenten gebeten, ein bisher nur für russische Firmen geltendes Gesetz auch auf ausländische anzuwenden, demzufolge sie sich nicht an Privatisierungs-Auktionen beteiligen dürfen, wenn ihre Anteile zu über 25 Prozent staatliche sind. Die CNPC gehört dem Staat China. Was den Chinesen im Weißen Haus an der Moskwa als Belohnung für ihren Rückzieher angeboten wurde, lässt sich erraten. Der Slavneft gehörten Ölfelder in Ostsibirien, die eine zwischen China und Russland geplante Pipeline von Angarsk nach Dazin mitspeisen. Die CNPC hatte wiederholt bezweifelt, ob die Auslastung dieser Pipeline auch garantiert wird. BARBARA KERNECK