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Russische DrohnenangriffeKyjiw unter massivem Beschuss

Die Ukraine wurde erneut von Luftangriffen getroffen. Am stärksten betroffen war Hauptstadt Kyjiw. Unter den Opfern: eine Mutter und ihr Baby.

Erneut kam es zu massiven Raketenangriffen in Kjiw

Berlin taz | Der Morgenhimmel über Kyjiw ist von schwarzem Rauch bedeckt. Am Sonntagmorgen haben russische Truppen erneut einen massiven Angriff auf die Ukraine durchgeführt, wobei der Hauptangriff wieder auf die Hauptstadt gerichtet war. Zum ersten Mal seit Kriegsbeginn traf eine russische Drohne ein Regierungsgebäude, zerstörte die beiden obersten Stockwerke und verursachte einen Brand.

Die dicht bebauten Stadtteile Darnytskyij und Swjato­shynskyj in Kyjiw waren jedoch am stärksten betroffen. In beiden Stadtteilen wurden Dutzende zivile Infrastruktureinrichtungen und Wohngebäude beschädigt. Am stärksten betroffen war das neunstöckige Plattenbauhaus in Swjatoshynskyj, in dem die Etagen vier bis acht zerstört wurden. Trotz der laufenden Rettungsaktion ist bekannt, dass bei diesem Angriff zwei Menschen ums Leben kamen und mehr als zwei Dutzend verletzt wurden. Die beiden Todesopfer sind Bewohner dieses Gebäudes, in deren Wohnung der Einschlag stattfand: eine 31-jährige Frau und ihr Säugling. Unter den Schwerverletzten befand sich eine schwangere Frau, die aus den Trümmern gerettet werden konnte. Sie erlitt großflächige und tiefe Verbrennungen und schwebt in Lebensgefahr. Die Ärzte haben deshalb beschlossen, eine Frühgeburt einzuleiten, um das Kind zu retten. Der Kampf um das Leben der 24-jährigen Frau und ihres Kindes dauert an.

„Heute hätte mein älterer Sohn an einer Eishockeymeisterschaft der Kindersportschule teilnehmen sollen und mein jüngerer Sohn hätte ihn anfeuern sollen. Doch durch den Angriff wurde die Eishalle beschädigt. Meine Söhne und ich haben eine schlaflose Nacht im Schutzkeller verbracht. Ich bin der Luftabwehr jedoch dankbar, dass wir am Leben geblieben sind. Ich bedauere die Mutter mit ihrem Säugling, die von den Russen getötet wurden, während sie friedlich in ihrem Haus schliefen“, kommentiert Khrystyna aus Kyjiw den Angriff.

Auch Kateryna, eine andere Kyjiwerin, spricht sich für die Unterstützung von Müttern mit Kindern aus: „Ich verneige mich vor jeder Frau, die während des Krieges schwanger wird, ein Kind austrägt, gebärt und großzieht. Russland muss für jede Sekunde bezahlen, die den kleinen Ukrainern von ihrer Kindheit genommen wurde. Kein Mensch, kein Land hat das Recht, sich der Verantwortung für das Unrecht zu entziehen, das Unschuldigen, insbesondere Kindern, angetan wurde.“

Neben Kyjiw wurden auch in Saporischschja, Odessa, Krywyj Rih und in der Region Sumy die Folgen des nächtlichen Angriffs registriert. Auch dort gab es Tote und Verletzte.

Selenskyj setzt auf stärkere Luftabwehr

Während dieses Angriffs feuerten russische Truppen 805 Drohnen und 13 Iskander-Raketen aus sechs verschiedenen Richtungen auf die Ukraine ab. Neun Marschflugkörper wurden aus der Region Kursk abgefeuert, vier weitere ballistische Raketen von der besetzten Krim aus. Die ukrainischen Luftabwehrkräfte schossen 747 Drohnen und vier Marschflugkörper ab. Der Einschlag von neun Raketen und 54 Drohnen wurde an 33 Orten festgestellt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kommentierte den Angriff: „Solche Morde sind ein vorsätzliches Verbrechen und verlängern den Krieg.“ Er fügte hinzu, dass die Ukraine auf die Umsetzung aller Vereinbarungen zur Stärkung der ukrainischen Luftabwehr setze. „Jedes zusätzliche System schützt die Zivilbevölkerung vor diesen heimtückischen Angriffen“, so Selenskyj.

Vor diesem Angriff hatte er berichtet, dass Russland allein im September bereits mehr als 1.300 Drohnen, fast 900 gelenkte Flugbomben und etwa 50 Raketen gegen die Ukraine eingesetzt hatte. Laut einem Bericht des ukrainischen Verteidigungsministeriums kann Russland derzeit monatlich bis zu 2.700 Shahed-Drohnen und deren Imitate produzieren, die zur Erschöpfung des ukrainischen Luftabwehrsystems eingesetzt werden.

„In Washington wurde mehrfach erklärt, dass eine Weigerung zu sprechen Sanktionen nach sich ziehen würde. Die Welt kann die Kreml-Verbrecher dazu zwingen, mit dem Töten aufzuhören. Es bedarf lediglich des politischen Willens“, betonte Selenskyj.

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