Rumänien: Präsidiale Xenophobie
Der rumänische Staatschef Basescu hat einen armenischen Arzt beleidigt. Die Antidiskriminierungsbehörde leitete Verfahren ein.
BERLIN taz Der rumänische Staatspräsident Traian Basescu hat sich wieder einmal im Ton vergriffen. "Endlich sehe ich auch einen guten Armenier", sagte er am vergangenen Sonntag vor laufenden Kameras und wollte sich damit bei Mircea Ghemigian, einem Arzt armenischer Abstammung, bedanken. Dieser hatte ihn an der Schilddrüse operiert. Basescu muss jedoch sogleich aufgefallen sein, dass er einen Fauxpas begangen hatte, und so formulierte er seine fatale Aussage blitzschnell um. Aus dem "guten Armenier" wurde ein "kompetenter Armenier".
Die verbale Entgleisung des Präsidenten hatten jedoch anwesende Journalisten aufgezeichnet und diesmal einen handfesten Beweis für dessen fremdenfeindliche Einstellung. Erst im Mai hatte Basescu eine Journalistin als "stinkende Zigeunerin" und "Nutte" beschimpft. Der Vorfall ereignete sich nicht in der Öffentlichkeit, sondern im Privatwagen des Präsidenten. Dieser hatte besagter Journalistin das eingeschaltete Handy entrissen. Dabei wurde seine Bemerkung aufgezeichnet, die er in Begleitung seiner Frau im Wagen gemacht hatte.
Die Bukarester Organisation Romani-Criss, die sich für Rechte und Freiheiten der Roma in Rumänien einsetzt, empfand den verbalen Ausrutscher des Präsidenten als eine unverzeihliche ethnische Diskriminierung und sexistische Anfeindung. Gleichzeitig reichte die Organisation bei der rumänischen Antidiskriminierungsbehörde eine Klage ein. Diese wurde jedoch mit dem Hinweis zurückgewiesen, der Präsident habe seine Äußerung nicht in der Öffentlichkeit gemacht, sondern im privaten Umkreis. Basescu war bereits als Oberbürgermeister von Bukarest wegen seiner romafeindlichen Äußerungen aufgefallen. 2003 forderte er die Schaffung von Stellplätzen für Zigeuner am Rande von Bukarest.
Die präsidiale Entgleisung gegenüber der Journalistin löste eine öffentliche Debatte aus, die sich vor allem um die Frage drehte, ob zwischen dem öffentlichen und dem privaten Diskurs des Staatsoberhauptes eine Linie gezogen werden dürfe. Einige Kritiker verwiesen dabei auf die Tatsache, dass eigentlich die im privaten Rahmen geäußerten fremdenfeindlichen Bemerkungen vielsagender sind, weil sie die wirkliche Haltung und Meinung eines Menschen widerspiegeln. In diesem Falle also die des Staatspräsidenten.
Basescu ließ sich damals durch seinen Sprecher entschuldigen und versuchte dadurch die Wogen der Empörung zu glätten. Auch diesmal hatte der Sprecher des Präsidialamtes eine entschuldigende Erklärung für das fremdenfeindliche Verhalten des Staatschefs parat. Die Union der armenischen Minderheit aus Rumänien gab sich aber damit nicht zufrieden und diskutierte, ob und wie sie gegen Basescu vorgehen werde. Die Antidiskriminierungsbehörde gab inzwischen bekannt, gegen Basescu ein Verfahren eingeleitet zu haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!