: Rühmkorf-Glossar
Peter Rühmkorf, 1929 in Dortmund geboren, zählt zu den wichtigsten Literaten der (west-)deutschen Nachkriegszeit. Seine Gedichte wie seine Geschichten waren nie so recht geeignet, des Publikums Wunsch nach vergrämter Festlichkeit (wie durch Martin Walser) oder nach gebührender Repräsentanz (wie bei Günter Grass) zu stillen. Er zählte zu den beliebtesten Kolumnisten der Zeitschrift Konkret. Mehr über die von ihm skizzierten Bilder aus der Hamburger Kulturschickeria finden sich in seinem Buch „Die Jahre, die ihr kennt“, bei Rowohlt 1999 wiederveröffentlicht. Er lebt seit 1950 in Hamburg.
Klaus Rainer Röhl, 1928 in Trockenhütte zur Welt gekommen, war in den Augen der studentischen Linken der späten Sechziger ein Verräter, also Todfeind. Wie um diesen Ruf zu bestätigen, hat sich der in Köln lebende Publizist seit den frühen Siebzigern mit allerlei Themen beschäftigt, die der Linken des Teufels sind: mit dem der Nation beispielsweise. Röhl, seit 1995 FDP-Mitglied, hat bei dem nicht minder verfemten Ernst Nolte („Historikerstreit“) 1993 promoviert.
Ulrike Meinhof, Journalistin bei Konkret, war einer der identitätsstiftenden Köpfe des linken Terrorismus in der Zeit nach achtundsechzig. Wie Röhl war sie Mitglied der illegalen KPD der Bundesrepublik – die Partei war 1956 vom Bundesverfassungsgericht verboten worden. Ihre Reportagen über die westdeutsche Heimerziehung der Nachkriegszeit bis in die Sechziger trugen wesentlich dazu bei, das System der Heimknäste aufzulösen. Von Röhl geschieden wurde sie 1968; deren Kinder, Bettina und Regine, konnten u. a. durch den heutigen Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust vor der Geiselnahme durch die Gruppe um Meinhof gerettet werden.
Die erste Bild-Zeitung erschien am 24. Juni 1952. Die Elbchaussee ist die Prachtstraße aus dem Hamburger Geschäftsleben in die Elbvororte mit den Villenvierteln Blankenese, Othmarschen, Groß-Flottbek und Nienstedten. Lurup ist ein Stadtteil, der eine eher kleinbürgerliche Geltung signalisierte – aus dem zogen die Röhls näher an die Quartiere der Hamburger Kulturschickeria. In jenen Stadtteilen hielt man auf patrizisch gestimmte Liberalität – und eben deshalb fühlten sich dort auch Autoren wie Hans-Henny Jahnn, Hubert Fichte, auch ein Theaterregisseur und -schauspieler wie Gustaf Gründgens wohl. Stade und Warstade liegen an der Niederlebe; die Emilie-Wüstenfeld-Schule ist ein Gymnasium im Bildungsbürgerquartier Eimsbüttel, heute eine rot-grüne Hochburg Hamburg.
Peggy Parnass avancierte nach ihrer Schauspielerinnenlaufbahn zur respektierten Gerichtsreporterin (und für Konkret tätig) seit Beginn der Siebzigerjahre. Die gebürtige Schwedin ist stets integraler Teil der Hamburger Kulturboheme gewesen – eine Mahnerin im Allgemeinen zudem.
Danae ist der Name von Röhls Frau, in die er sich verliebte, als er noch mit Meinhof zusammenlebte. Eva Rühmkorf, mit Peter R. seit 1964 verheiratet, übernahm 1970 die Leitung der Leitstelle Gleichstellung der Frau in Hamburg – bundesweit die Erste in einer solchen Funktion.
Bettina Röhls Buch „So macht Kommunismus Spaß“ (Untertitel: „Ulrike Meinhof, Klaus Rainer Röhl und die Akte Konkret“) ist jüngst erschienen (Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2006, 674 Seiten, 29,80 Euro): Rühmkorfs Text hier im taz.mag ist dessen Vorwort. Das Buch ist ein ultrasupres Dokument über die Zeit der westdeutschen Ekstasen im Namen der Weltrevolution – und welches Personal sie vorbereiteten. JAF