Rückzug von Pakistans Präsident Musharraf: Bushs bester Freund tritt ab
Nach dem 11. September 2001 brauchten die USA Pakistans Präsident Musharraf im Kampf gegen Taliban und Al Qaida. Er wurde einer der wichtigsten Partner der USA.
DELHI taz Auf Pakistans Straßen begeistert gefeiert, dürfte der Rücktritt von Präsident Pervez Musharraf in Washington für schlaflose Nächte sorgen. Denn den USA ist einer ihrer "engsten Verbündeten" im "Krieg gegen den Terror" abhandengekommen.
Diese Rolle war Musharraf wenige Monate nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zugefallen. Die Wahl war naheliegend: Sowohl die Taliban als auch verschiedenste radikale Islamistengruppen gingen aus den paschtunischen Bergregionen an der Grenze Pakistans zu Afghanistan hervor. Dort unterhalten sie immer noch Ausbildungslager, und Al-Qaida-Chef Ussama Bin Laden wird bis heute in dieser Region vermutet. Die USA überwiesen über die Jahre mehr als 10 Milliarden Dollar nach Islamabad, und Musharraf versicherte stets: Auf ihn könne sich Washington verlassen.
Dem damaligen Obersten Armeechef Pakistans dürfte der Schulterschluss mit der Weltmacht seinerzeit mehr als gelegen gekommen sein. Denn 2001, zwei Jahre nach seinem weltweit kritisierten Putsch, galt Musharraf als isolierter Armeediktator, der auch im eigenen Land keine große Zustimmung fand. Doch nun tauchte Musharraf Seite an Seite mit George W. Bush auf und wurde im Westen hofiert.
Allerdings unternahm Pakistans Präsidenten-General lange nur wenig gegen die islamischen Fanatiker im Nordwesten des Landes. Zwar ließ er gelegentlich die Armee in die Region einmarschieren, ging aber nur zögerlich gegen die Milizen vor. Denn in Pakistan selbst war die Allianz mit den USA äußerst unbeliebt.
Innenpolitisch kungelte Musharraf mit Pakistans Islamisten. 2003 sicherte er sich die Unterstützung der Muttahida Majlis-e-Amal, einer Allianz religiöser Parteien, die den Taliban nahestehen soll. Mit ihren Stimmen ließ er sich seinen Putsch von 1999 nachträglich vom Parlament legitimieren. Um sich das Wohlwollen der Fanatiker zu sichern, kam er ihnen mit Gesetzen entgegen, die Elemente der Scharia in Pakistans Rechtsprechung einfließen ließen. Die Muttahida Majlis-e-Amal, bis dahin eine marginale Gruppe in Pakistans Gesellschaft, wurde durch Musharraf, den Antiterroralliierten Washingtons, in Pakistan kurzzeitig salonfähig.
Mit der Zeit wuchs deswegen in den USA der Unmut. Auch wurden Vorwürfe laut, der Atomstaat Pakistan verwende die milliardenschwere Militärhilfe nicht gegen die Islamisten, sondern rüste damit sein Arsenal gegen den Erzfeind Indien auf. Zudem mehrten sich Berichte, Teile des Militärgeheimdienstes ISI unterstützen immer noch die Taliban, so wie in den 80er-Jahren, als sie islamistische Kämpfer in Afghanistan gegen die sowjetische Besatzung unterstützt hatten.
Doch die US-Regierung war in Pakistan an Musharraf gebunden. Daher setzte sie die jetzige, im Februar gewählte Regierungskoalition von Musharraf-Gegnern massiv unter Druck. US-Aufklärungsdrohnen flogen Einsätze über pakistanischem Territorium, Militärschläge gegen Lager der Islamistenmilizen nahmen zu. Pakistans neue Regierung sollte um jeden Preis auf Linie gebracht werden.
Diese bekennt sich klar zum Kampf gegen die Islamisten. Bislang erscheint sie allerdings keine eindeutige Strategie zu besitzen. Sie handelte einen von Musharraf vorbereiteten Waffenstillstand mit mehreren Islamistenführern aus, um dann zuzusehen, wie diese militärisch vorrückten, Scharia-Gerichtshöfe einrichteten und Konvois ausraubten. Bei einem Vorstoß pakistanischer Sicherheitskräfte vor einigen Wochen kam es wieder zu Gefechten und Selbstmordanschlägen. Dennoch: Schlimmer als das doppelte Spiel, das Musharraf mit Washington gespielt hat, kann die Politik der neuen Regierung unter einen neuen Präsidenten nicht werden.
SASCHA ZASTIRAL
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