Rücktritt des Piraten-Bundespressesprechers: „Müde, ausgepowert und erschöpft“
Die Rücktritte von Bundespressesprecher Christopher Lang und seinem Vize weisen auf ein generelles Problem der Piratenpartei hin. Immer mehr Spitzenpersonal schmeißt hin.
BERLIN taz | Wenn der Bundespressesprecher einer Partei sein Amt aufgibt, ist das nicht zwingend eine Meldung wert. Wenn aber an einem Tag sowohl der Bundespressesprecher als auch sein Stellvertreter zurücktreten und es sich dann auch noch um die Piraten handelt, wird es interessant. Zumal die Begründung der Rücktritte auf ein grundsätzliches Problem der Piratenpartei hinweist.
In einem offenen Brief an den Bundesvorstand der Partei hat Bundespressesprecher Christopher Lang am Freitagmorgen //wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Christopher_Lang/Ruecktritt:seinen Rücktritt bekannt gegeben. „Ich kann nicht mehr, bin für den Moment müde, ausgepowert und erschöpft!“, schreibt Lang. Er wolle sich seinem Studium widmen, sich auf Familie, Freunde und das nicht-politische Leben fokussieren.
Keine drei Stunden nach der Veröffentlichung des Briefs im Wiki der Piratenpartei teilte am Vormittag auch Aleks Lessmann mit, seinen Posten als Vizepressesprecher //wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Aleks_A/EinSchrittZur%C3%BCck:aufzugeben. In seinem Blog schreibt er, mit dem vorhandenen Personal sei die Arbeit nicht mehr machbar. Von der bisher effektiven Pressearbeit sei „nur wenig geblieben“. Übrig bleibt Anita Möllering. Sie ist erst im April als weitere Bundespressesprecherin berufen worden. Sie bekommt 800 Euro und sollte noch eingelernt werden. Für weitere bezahlte Stellen gibt es in der Partei kein Geld.
Die Piraten stecken in einem Dilemma. Auf der seinen Seite wachsen sie immer weiter, sind mittlerweile in vier Landesparlamente eingezogen und stehen vor vielen neuen Aufgaben. Auf der anderen Seite wollen sie nicht werden wie die anderen und lassen unter anderem deshalb ihren Vorstand ehrenamtlich arbeiten.
Dass sich das auf Dauer nicht in Einklang bringen lässt, ist vielen in der Partei klar. Außer internen Debatten zur Professionalisierung ist in den vergangenen Monaten aber nichts geschehen. Die Doppelbelastung zwischen Beruf und Parteiarbeit ist für einige nicht dauerhaft zu leisten, was sich nicht zuletzt in einer Reihe von Rückzügen von politischem Spitzenpersonal der Piraten zeigt.
Mehr bezahltes Personal gefordert
Den Anfang machte Marina Weisband, die frühere politische Geschäftsführerin und mediales Aushängeschild der Priaten, die nicht erneut für den Posten kandidierte. Auch Schatzmeister Rene Brosig zog seine erneute Kandidatur zurück. Überlastung sei der Grund gewesen. Im Februar diesen Jahres folgte der Berliner Landeschef Gerhard Anger. Die Arbeit habe ihn emotional zu sehr belastet. Sein Nachfolger Hartmut Semken schmiss nach verunglückter Pressearbeit ebenfalls das Handtuch.
„Wir müssen ehrenamtlich vieles schaffen was neben einem normalen Job, einem angemessenen Familienleben und einer grundlegenden gesellschaftlichen Teilhabe nur schwer möglich ist“, schreibt Christopher Lang in seinem Rücktrittsschreiben. Der 25-jährige Lang rät seiner Partei deshalb, sich zu professionalisieren. „Wir brauchen mehr bezahltes und im selben Zuge fachlich qualifiziertes Personal um diese stetig steigenden Anforderungen abzudecken.“ Vielleicht bewegt dieser Aufruf etwas in der Professionalisierungsdebatte.
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