■ Rudern: Wehende Winde
Indianapolis (dpa) – Indianapolis hat seinem schlechtem Ruf als Wind-Hochburg alle Ehre gemacht. Erstmals in der Geschichte der Ruder-Weltmeisterschaften mußte ein kompletter Final-Teil wegen schlechter Wetterbedingungen abgesagt werden. Heftige Böen bis zu Windstärke fünf ließen trotz strahlender Sonne eine reguläre Veranstaltung nicht zu. „So etwas ist unverständlich. Man wußte doch, wie die Bedingungen hier sind, und dann vergibt der Verband eine WM hierhin“, schimpfte André Steiner aus dem Doppelvierer über die nicht unerwarteten Schwierigkeiten.
Der Internationale Ruderverband (FISA) hat aus der heftigen Kritik 1987 in Kopenhagen gelernt, als ähnliche Bedingungen die Medaillen-Vergabe zu einem Lotteriespiel werden ließen. „Auch hier wären es Zufalls-Weltmeister gewesen“, fand Manfred Beyer, Trainer des Westfalen-Vierers, Verständnis für die Absage. „Wenn die Sportler bei solchen Bedingungen hätten fahren müssen, hätten sie einen Riesen-Hals gehabt“, schloß sich Achter-Bundestrainer Ralf Holtmeyer an.
Für den Präsidenten des Deutschen Ruder-Verbandes (DRV), Henrik Lotz, war das FISA-Votum Grund, über das WM-Programm nachzudenken. „Bei der Junioren-WM machen sie es besser. Dort werden am Samstag komplett die Endläufe gefahren, und der Sonntag steht als Reservetag zur Verfügung“, plädierte Lotz für einen einzigen Final-Tag.
Neben den Rennen der Leichtgewichte konnten am Vormittag lediglich die Entscheidungen im Zweier ohne Steuermann über die Bühne gehen. Dabei wehrte der britische Ruder-„Adel“ den Angriff auf seinen Thron in souveräner Manier ab. Steven Redgrave und Matthew Pinsent, die der Ruf der Unbesiegbaren umgibt, verteidigten ihren Titel und gaben ihren Herausforderern, Thorsten Streppelhoff (Dorsten) und Peter Hoeltzenbein (Münster), eine Lehrstunde in Sachen Rudern. Streppelhoff/Hoeltzenbein gingen nach der Devise „alles oder nichts“ in das Rennen und legten mit einer 38er-Schlagfrequenz los. Bald schon hatte das deutsche Duo knapp zwei Sekunden Vorsprung. Aber auf dem letzten Viertel der 2.000 Meter zeigten Redgrave/Pinsent ihr Können und zogen mit einem gewaltigen Schlußspurt unaufhaltsam vorbei. Das DRV- Boot rettete Platz zwei vor Australien über den Zielstrich.
Dagegen landeten Birte Siech (Dortmund) und Gabriele Mehl (Essen) im „Zweier ohne“ nicht in den Medaillenrängen. Die beiden 27jährigen, deren Saisonvorbereitung durch Krankheit stark eingeschränkt war, steigerten sich im Finale, aber mehr als der vierte Platz war nicht möglich. Auf der obersten Stufe des Treppchens standen die beiden Französinnen Christine Gosse/Helene Cortin.
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