Royston Maldoom : Tanzen gegen die Opferrolle
Er ist charmant und engagiert und sagt, dass er alle gleichermaßen lieb habe: Gern lobt der britische Choreograph Royston Maldoom seine Tänzer. Mit Straßenkindern und Straffälligen hat er bereits gearbeitet. Mit Behinderten und Jugendlichen ohne Schulabschluss, Schülern, Senioren und Migranten ist sein demnächst in Hamburg anlaufendes Projekt „Can do can dance“ bestückt, das – wie alle vorigen – auf der Idee des Community Dance beruht.
In den 70ern in Großbritannien entwickelt, zielt das Konzept darauf ab, mit Laien Tanz-Performances einzustudieren. Bekanntestes Beispiel ist die Aufführung zu Igor Strawinskys „Frühlingsopfer“, die er vor zwei Jahren mit 250 Kindern aus Berliner „Problemschulen“ probte. Dokumentiert wurde das im vielfach prämierten Film „Rhythm is it“.
Seither ist Maldoom, der seine „Education Projects“ vor 30 Jahren in einem schottischen Dorf begann, zur Ikone des modernen Community Dance geworden. Was ihm gar nicht so recht ist: „Ohne meine Schüler wäre ich gar nichts“, betont er und spricht lieber über Pädagogik. „You can change your life in a dance class“, hat er einmal gesagt. Maldoom glaubt fest daran, dass Kunst Gesellschaft verändern kann. „Ich möchte den Menschen vermitteln, dass sie eine Leistung erbringen können, für die sie respektiert werden“, sagt er. „Dass sie aus ihrer Opferhaltung herauskommen.“
Das allerdings hat seinen Preis: Strenge Disziplin erwartet er während seiner Proben; ausdrücklich verweigert habe sich dem noch niemand, sagt Maldoom: „Wenn sie wissen wofür, sind auch die Chaotischsten bereit, sich unterzuordnen.“ Darüber, dass er hierzulande immer gefragt wird, ob sein Projekt ein soziales oder ein künstlerisches sei, wundert er sich nachhaltig. „In Großbritannien interessiert das niemanden. Dort sehen die Menschen den Prozess und die Früchte meiner Arbeit. Das genügt ihnen.“ Und er selbst? Interessiert sich bewusst nicht für den sozialen Hintergrund derer, mit denen er arbeitet. „Für mich zählt nur, wie sich die Menschen während der Proben verhalten“, sagt er. „Nichts von dem, was vorher war.“ PS