: Rotes Licht für Grünes Band
Ehemaliger Grenzstreifen entlang der Elbe soll Naturschutzgebiet werden. Alle Länder dafür, außer Berlin. Finanzsenator fürchtet Einnahmeverlust und neue Risiken. Grüne fordern Ende der Blockade
VON THORSTEN DENKLER
Das größte Naturschutzprojekt der Republik – an Berlin könnte es scheitern. Von der Ostsee bis nach Bayern zieht sich die ehemalige innerdeutsche Grenze, der einstige Todesstreifen. Ein einmaliges Naturreservat ist dort entstanden. Naturschutzverbände fordern seit Jahren den Erhalt. „Jetzt liegt es nur noch am Berliner Senat, dass das Projekt ‚Grünes Band‘ Wirklichkeit wird“, sagt Rüdiger Rosenthal, Sprecher des Bundes für Naturschutz (BUND). Der BUND will morgen vor dem Roten Rathaus dafür demonstrieren, dass der Senat endlich grünes Licht gibt. Doch der sträubt sich. Aus finanziellen Gründen.
Wird ein Grundstück auf dem ehemaligen Todesstreifen verkauft, geht das Geld über das Bundesfinanzministerium an den Mauerfonds. Die letzte Überweisung – 5,5 Millionen Euro –kam 2002. Nutznießer sind die Anrainer der ehemaligen Grenze: Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Hessen, Bayern, Berlin und Brandenburg.
Die meisten Grundstücke sind inzwischen verkauft. Finanzminister Hans Eichel (SPD) will den Ländern die Restflächen kostenlos überlassen, damit entlang des Grenzstreifens das „Grüne Band“ realisiert werden kann.
Alle Länder sind dafür, nur Berlin hat noch Vorbehalte. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) fürchtet zwei Dinge: Zum einen gingen dem Land Einnahmen aus dem Mauerfonds verloren. Viel kann das nach Schätzungen des BUND nicht sein. „Es geht um höchstens 400.000 Euro“, sagt BUND-Sprecher Rosenthal. Aus seiner Sicht ein schwaches Argument, wenn dadurch ein Umweltprojekt von nationalem Interesse verhindert werde.
Viel schwerer wiegt dagegen der kleine Haken, den Eichel seiner generösen Offerte angehängt hat: Der Bund will nämlich auch Grundstücke auf Berliner Boden loswerden und dem Land überlassen. Bislang weiß aber niemand, was das für Grundstücke sind, heißt es in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Das könnten hochbelastete Brachen sein, deren Sanierung das Land viel Geld kosten würden. Andererseits gebe es Länderfinanzminister, die mit Argwohn auf die vermeintlich hochwertigen Berliner Stadtgrundstücke schauen. Sie wollen dafür einen finanziellen Ausgleich heraushandeln, was Sarrazin nicht schmecken kann.
Sicher ist nur: Ohne die Hauptstadt wird der Deal nicht laufen, weil alle am Mauerfonds beteiligten Länder ihr Plazet geben müssen. Michael Cramer, der für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, wirft Sarrazin und Strieder in dieser Sache Tatenlosigkeit vor. Der taz sagte er: „Der Senat stellt sich taub“, und fordert ein sofortiges Ende der „Blockade“. Wovon der Senat nichts wissen will. „Wir prüfen“, sagte ein Sprecher. Ein Land in Haushaltsnotlage dürfe weder auf Einnahmen verzichten noch ungeprüft Risiken eingehen. Ein Gesprächsangebot des BUND lehnte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) übrigens mit dem Verweis auf die undurchsichtige Lage ab.