■ Roter Burgunder und deutsche Geschichte: Meinrad Koch
Der Virologe wollte eigentlich Psychiater werden. Nach dem Besuch der Jesuitenschule in Bad Godesberg, dem Medizinstudium in Köln und Freiburg und dem Staatsexamen 1955 waren die Viren zunächst kein Thema. Erst ein Jahr später, unter dem Eindruck der letzten Polio-Epidemie, wechselte Meinrad Koch die Fachrichtung.
In Cincinatti wurde er 1958 Mitarbeiter von Albert Sabin, dem Erfinder der Polio-Schluckimpfung. In der Zusammenarbeit mit dem exzentrischen US- Forscher kam Koch seine psychiatrische Vorbildung zugute. Er hielt es am längsten mit Sabin aus. 1964 kehrte er in die Bundesrepublik zurück und ging ans Max-Planck-Institut für Virusforschung nach Tübingen. 1974 folgte ein „bedrückender“ einjähriger Ausflug in die Industrie. Ein Jahr später war er Leiter der Abteilung Virologie des Robert- Koch-Instituts.
1982 gründete Koch die Arbeitsgruppe Aids am BGA, fünf Jahre später wurde er Leiter des neu eingerichteten Deutschen Aids-Zentrums. 14 Jahre lang war der Rheinländer der wichtigste Aidsbekämpfer im Lande. Seine streng katholische Herkunft und die Armada von fünf CDU- und CSU-Gesundheitsministern konnten nicht verhindern, daß er eine liberale Richtung in der Aidspolitik einschlug und bis zuletzt durchhielt. Der Süssmuth-Kurs der deutschen Aidspolitik war auch ein Koch- Kurs. Die Verfechter einer harten Seuchenpolitik, wie sie ein Hamburger Nachrichtenmagazin forderte, strafte Koch mit Mißachtung: Den Spiegel hat er nach 1987 nie wieder gelesen.
Koch ist 65 Jahre alt, verheiratet, hat vier Kinder. Neben allen Arten von Viren interessiert ihn vor allem die deutsche Geschichte: Nationalsozialismus, Weimarer Republik, Kaiserreich, „da fing das Übel doch schon an“. Koch liebt roten Burgunder und Gitanes ohne Filter.
Sein Nachfolger als Leiter des Aidszentrums ist Rüdiger Fock, bislang Seuchenreferent im Seehofer-Ministerium. -man-
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