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Rote Flora zu Staatsknete

Verkauf des Autonomenzentrums an Privatinvestor fast perfekt. Senat entscheidet Ende März, Flora ist nicht unglücklich  ■ Von Sven-Michael Veit

Am 27. März macht die Stadt ein Problem zu Geld: An diesem Tag wird der Hamburger Senat über den Verkauf der Roten Flora an einen Privatinvestor entscheiden. Namen und Kaufpreis werden als Staatsgeheimnis gehandelt: „Ich kann nur sagen, dass es sich um einen gerechtfertigten Preis handelt“, wortkargte gestern der Verhandlungsführer der Stadt, der Altonaer Bezirksamtsleiter Uwe Hornauer (SPD). Nach Informationen der taz handelt es sich um eine „deutlich siebenstellige Summe“.

Mit zwei potentiellen KäuferInnen – Hornauer charakterisiert sie als „Hamburger Mäzene mit weitem Herz und vorausschauendem Verstand“ – wurden nach „einer Reihe von Gesprächen“ detaillierte Kaufverträge ausgehandelt. Beide hätten Garantien „über zehn Jahre oder auch mehr“ für die weitere Nutzung der Flora als „selbstverwaltetes soziokulturelles Stadtteilzentrum“ abgegeben.

Beide potentielle ErwerberInnen sind nach taz-Informationen auch in der Flora nicht unbekannt. Mit einer wurden – ohne Ergebnis, aber nicht ohne gegenseitige Sympathie – bereits vor zwei Jahren Gespräche geführt; der andere ist ein – hinter manchen Kulissen umtriebiger – kulturbeflissener Mäzen alten hanseatischen Schlages.

Gestern wurden die beiden paraphierten Verträge von den SPD-Staatsräten Hans-Peter Strenge (Bezirksangelegenheiten) und Dirk Reimers (Finanzen) im Grundsatz akzeptiert. Hornauer wird nun dem Senat „in den nächsten Tagen eine Entscheidungsvorlage“ liefern.

Dieser wird sich damit erst nach dem Urlaub von Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) befassen: „Das ist natürlich Chefsache“, verlautet aus dessen Umgebung. Auch Staatsrat Strenge sieht keinen Grund, „etwas übers Knie zu brechen“. Das Thema gebe es seit elf Jahren, da komme es auf einen Tag nicht an. Für die Sitzung am 4. April, so der Zeitplan, soll eine Senatsmitteilung der Bürgerschaft zugeleitet werden.

Hornauer hält den Verkauf des Streitobjekts am Schulterblatt „persönlich für den richtigen Weg, nachdem die Flora einen Mietvertrag abgelehnt hat“. Die NutzerInnen hätten „sich nun mal den Staat als Hauptgegner ausgeguckt“. Wenn dieser Verhandlungspartner wegfalle, hofft Hornauer auf eine Entspannung der Lage im Schanzenviertel, „ist wohl auch das Feindbild weg“.

Die NutzerInnen der Flora, bestätigt er, wurden in die Verhandlungen nicht miteinbezogen. Gespräche zwischen ihnen und dem künftigen Besitzer seien gleichwohl sinnvoll, findet auch Strenge. Es mache auch für die Stadt „keinen Sinn, zu verkaufen und sich dann nicht mehr zu kümmern“.

Die Flora selbst sieht die Verkaufsverhandlungen „gelassen“, sagt deren Sprecherin „Elise“. Eine Stellungnahme werde eine Vollversammlung abgeben, nachdem konkrete Informationen vorlägen. „Unsere politische Arbeit“, verkündet „Elise“ jedoch, „war, ist und wird nicht käuflich sein“. Wenn das akzeptiert werde, dann „sind wir nicht wirklich unglücklich“.

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