Rot-rot-grün ist umstritten: Grüne haben Zweifel an Ypsilanti
In Hessen rückt eine von den Linken tolerierte rot-grüne Koalition näher. Doch bei den Grünen gibt es Skeptiker. Sie möchten ihre Positionen etwa zum Luftverkehr nicht aufgeben.
WIESBADEN taz Am Donnerstagabend hat die letzte von vier Regionalkonferenzen der hessischen SPD Zustimmung zu Andrea Ypsilantis Kurs signalisiert. Damit rückt eine von der Linksfraktion geduldete rot-grüne Koalition näher. Doch nicht nur mit der Linkspartei hat die SPD beim Haushalt und Flughafen Differenzen, auch zwischen SPD und Grünen knirscht es.
Vor allem der "Basta-Stil" der SPD in Sachen Flughafen sorgt bei den Grünen für Unruhe. Der rechte Flügel der SPD fordert, dass auch die Grünen den Landebahnbau am Frankfurter Flughafen und das im Planfeststellungsbeschluss verankerte eingeschränkte Nachtflugverbot akzeptieren. Die Basis der Grünen in den betroffenen Regionen schäumt. Man werde doch keine Grundsatzpositionen der Partei revidieren, "nur weil der Tarik [gemeint ist Parteichef Tarik Al-Wazir, die Red.] in Wiesbaden Minister werden will", sagte etwa die frühere Landtagsabgeordnete Maria Marx vom Kreisverband Offenbach Land, die dort dem Kreistag angehört und "flughafenpolitische Sprecherin" der Kreistagsfraktion ist. Auch der grüne Landtagsabgeordnete Frank Kaufmann kritisiert die von der SPD unterstützte Aufweichung des Nachtflugverbots.
Unmut bei den hessischen Grünen erregt allerdings nicht nur die Flughafenpolitik. In der Mitgliederzeitung der hessischen Grünen, Grünfläche, werden offen Bedenken gegen eine Koalition mit der SPD und das Tolerierungsmodell geäußert. So warnt Eveline Schönhut-Keil ihre Partei nachdrücklich vor einem Bündnis mit SPD und Linkspartei: "Den Grünen ist zurzeit die Rolle des billigen Steigbügelhalters zugedacht, danach die des Spielverderbers", so das frühere Mitglied des Landesvorstands. Ähnlich argumentiert Daniela Wagner, ebenfalls früher Mitglied des Landesvorstands. Sie will andere Machtoptionen für die Grünen als nur die mit der SPD. Vor einem neuen Bündnis in Richtung Jamaika müssten allerdings Neuwahlen stehen - aus Fairness den Wählern gegenüber: "Wer uns nach einer Erklärung, dass alles möglich ist, dann seine Stimme gibt, wird sich hinterher nicht getäuscht fühlen", so Wagner. Schönhut-Keil verweist zudem auf funktionierende Jamaika-Koalitionen in hessischen Kommunen. Die in der Stadt Wiesbaden ist freilich wegen konträrer Auffassungen zur Kohleverstromung gerade in Auflösung begriffen; die in Darmstadt, wo Daniela Wagner mitmischt, funktioniert allerdings.
Für den Pressereferenten der grünen Landtagsfraktion, Walter Stern, sind diese Beiträge Beleg für die "Diskussionsfreudigkeit der Partei". Schönhut-Keil und Wagner würden "nur eine absolute Minderheitenmeinung" widerspiegeln, so Stern.
Rot-Grün-Rot in Hessen? Wahrscheinlich ist das noch immer, sicher längst noch nicht.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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