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■ QuerspalteRot ist die Liebe ...

Rot und grün und schwarz und rechts und mitte und links ... ach Gott, Jandels Gedicht ist so schön; darüber, daß man lechts und rinks so leicht velwechsern kann. Die Sehnsucht der Menschen nach Klarheit und Unverwechselbarkeit hat den Parteien nun einmal zu einer Farbe und zu einer Richtung verholfen, deren eine Herkunft von der Fahne, die andere von der Sitzordnung im Parlament sich herleitet.

Daran wollen wir auch gar nichts ändern. Denn weil man sich das so gut merken kann, ist in manch abgelegenem niederbayrischen Dorf bis heute „eine rote Sau“ nicht etwa ein besonders streng getöntes Mastschwein im Stall von Sepp Bichlhuber, sondern eben der Dorfschullehrer Heinz Hempel, da Sozialdemokrat.

Da wir Hempel nicht näher kennen, läßt sich schwer sagen, ob der so Titulierte seine „rote Sau“ stolz wie einen Orden oder aber beleidigt wie einen Makel mit sich herumträgt. Denn die Sozialdemokraten tun und taten sich schon immer furchtbar schwer damit, daß man sie „rot“ oder „links“ oder einfach nur „Genosse“ nennt, weil sie Angst haben, man hätte sie dann nicht mehr lieb. Genosse Oskar zum Beispiel versucht seit dem vergangenen Parteitag sich und den Seinen einzureden, „links“ sei ein positiver Begriff und immer da, wo die SPD sei.

Das hat ziemlich Verwirrung gestiftet, weil viele sie dort gar nicht mehr vermutet hatten, sondern seit den letzten Wahlergebnissen sie ganz woanders suchten: Nicht links, nichts rechts, nicht geradeaus, sondern unten. Unten ist, wo die SPD ist. Wie auch immer: Jetzt ruft die Parteizentrale in Bonn schon wieder laut: Rot ist, wo die SPD ist! Mit ihrem Wahnsinnsslogan: „Ja! Rot steht dir gut“, soll der Mitgliederschwund gestoppt werden.

Vielleicht läßt sich ja tatsächlich eine Mitgliedschaft in dieser Partei nur noch als Mode verkaufen. Politik für die Boutique. Neu ist das aber nicht. Großväterchen sang immer, wenn er lustig war: „Rot ist die Liebe und rot die Tomat' / und rot die Krawatt' vom Sozialdemokrat.“ Philip Maußhardt

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