: Rot-Grüne bereden Lehrstellen
Grüne Fraktionschefin Löhrmann und NRW-Jungsozialisten fordern Ausbildungsplatzabgabe. Wirtschaftsminister Schartau dagegen. Opposition: „Wirtschaftspolitischer Amoklauf der Grünen“
VON MARTIN TEIGELER
In Nordrhein-Westfalen steigt der politische Druck für die Schaffung einer Ausbildungsplatzabgabe. „Wir unterstützen die rot-grüne Koalition in Berlin, eine gesetzliche Regelung für eine Ausbildungsplatzumlage zu schaffen“, sagt Sylvia Löhrmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Düsseldorfer Landtag. Es gehe darum, dass für Jugendliche ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden. „Das ist bisher nicht der Fall“, so Löhrmann. In NRW waren zum Stichtag 30. September 2003 noch 7.076 Jugendliche als Ausbildungsplatz suchend gemeldet. Von diesen haben über den Ausbildungskonsens nur 1.006 einen Ausbildungsplatz bekommen. „Unsere Geduld ist zu Ende“, sagt die grünen Fraktionschefin Löhrmann.
Der so genannte „Ausbildungskonsens“ ist eine Erfindung des ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement. Arbeitgeber und Gewerkschaften wollen mit dieser korporatistischen Lösung eine flächendeckende Versorgung mit Ausbildungsplätzen garantieren. Clement, sein Amtsnachfolger Peer Steinbrück und NRW-Wirtschaftsminister Harald Schartau (alle SPD) bezeichnen den Konsens als Erfolg – und lehnen eine Zwangsregelung bisher ab. In Berlin hat sich die SPD-Bundestagsfraktion wegen der Dauermisere auf dem Ausbildungsmarkt prinzipiell für ein Umlageverfahren zur Schaffung von Lehrstellen ausgesprochen. Ausbildungsunwillige Betriebe sollen zahlen, falls im Herbst erneut zu wenig Ausbildungsplätze von den Unternehmen bereit gestellt werden.
Auch an der nordrhein-westfälischen SPD-Basis gibt es eine Mehrheit, die Arbeitgeber stärker in die Pflicht zu nehmen. Der NRW-Parteitag am vergangenen Wochenende überwies einen Juso-Antrag an die Landtags- und Bundestagsfraktion, wonach ein zentraler Fonds zur Finanzierung der beruflichen Bildung eingerichtet werden soll. „Wir müssen leider feststellen, dass sich die Lage auf dem Lehrstellenmarkt im Vergleich zum Vorjahr deutlich verschlechtert hat“, sagt Juso-Landeschef Marc Herter. Die „unbürokratische und flexible“ Fonds-Lösung soll durch Unternehmen finanziert werden, die „nicht oder unzureichend ausbilden“.
Während Grüne und Jusos Druck machen, will die NRW-Opposition nichts von einer Abgabe wissen. Die FDP fordert ein „Machtwort“ von Ministerpräsident Steinbrück, damit der „wirtschaftspolitische Amoklauf“ der Grünen beendet wird. Gegen den Juso-Vorstoß wendet sich die Junge Union: „Nur um sozialdemokratische Befindlichkeiten zu befriedigen, soll den Unternehmen eine ,Ausbildungssteuer‘ auferlegt werden.“