■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Die SPD vor dem Sörgel-Effekt
In der Bremer SPD geht die Angst um. Peter Sörgel, der erfolgreiche Klöckner-Betriebsratsvorsitzende, will in die nächste SPD-Fraktion. Gegenüber dem „Quereinsteiger“ dürften 90 Prozent der Abgeordneten vom ersten Tage an blaß aussehen. Das Prinzip: „Bürgerschaftsplätze müssen im Ortsverein ersessen werden“ ist in Gefahr - ein Sörgel-Effekt könnte entstehen.
Die Genossen sind aufgeschreckt. In Lüssum will man Sörgel erst auf die Ortsvereins-Bank zum Büßen schicken. In der Bürgerschaftsfraktion wurde debattiert, den Gesamtpersonalratsvorsitzenden Gerhard Tilsner gegen Sörgel ins Rennen zu schicken. Ein „Sörgel-Effekt“ wäre da nicht zu befürchten, genau deshalb aber hätte Tilsner gegen Sörgel keine Chance.
Das einzige Kraut, das gegen Sörgel gewachsen ist, scheint seine eigene politische Vergangenheit zu sein. Von der DKP zur Verstärkung ihres Kaders in den Stahlbetrieb geschickt machte der Student Sörgel schnell Arbeiterkarriere. Kaum mehr als zwei Jahre dauerte es, da war er Vertrauensleutekörper-Leiter der IG Metall. Lange mußte er nicht als Walzenschleiferhelfer arbeiten, dann war er freigestellt, Betriebsrat.
Die SPD-Betriebsgruppe versuchte ohne besonderen Erfolg immer wieder ihr bestes gegen die DKP-Kaderpolitik. Zum Beispiel Anfang der 80er Jahre mit einer Geldsammlung für Solidarnosc. Die unabhängige polnische Arbeiterorganisation war für Sörgel immer ein schwarzes Tuch...
Auch 1988, als der Kampf zweier Linien die DKP zu spalten drohte, war Sörgel im Bezirksvorstand keineswegs auf der Seite der „Neuerer“. Im Dezember 1989, als die Mauer in Berlin gefallen war, stritten die DKP-Genossen um die in ihren Köpfen. Krenz war schon zurückgetreten, der Geldhahn für die West-Partei wurde zugedreht. Es hatte keinen Sinn mehr - Sörgel war für die Selbstauflösung der Partei.
Aber er war gegen die allzu leichtfertige Bußfertigkeit: Daß die Partei am Ende war, fand Sörgel auf dem Parteitag, ändere nichts daran, daß er sich „Honecker ideologisch immer noch näher als den Grünen oder linken Sozialdemokraten“ fühle. So berichtete damals Klaus Schloesser, heute buten&binnen, in der taz.
Das alles spricht aber nicht gegen, sondern für Sörgel: erfahren in Organisationsfragen, machtbewußt, prinzipienfest. Frisches Quereinsteiger-Blut von diesem Kaliber könnte endlich die „Erneuerung“ der SPD bewirken, von der der Apparat seit drei Jahren nur redet. Die Hinterbänkler in der Fraktion haben zu Recht Angst um ihre ruhige Kugel und ihre Posten, findet Rosi Roland
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