■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Wenn Motschmann droht
Wer in den oberen Etagen der senatorischen Dienststellen in diesen Tagen auf einfache und umso wirkungsvollere Art Leute erschrecken will, der muß nur über den Behördenflur laufen und unüberhörbar den Namen Elisabeth Motschmann murmeln.
Zwar läßt schon allein der Hinweis auf die drohene Große Koalition bei den von SPD- oder grünen SenatorInnen eingestellten persönlichen und sonstigen ReferentInnen den Schweiß ausbrechen, zu starkem politischen Schüttelfrost führt das aber erst dann, wenn die nahende Vision auch noch mit dem Namen der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden gewürzt wird, die seit 20 Jahren mit der Bibel in der Faust für die Rückkehr der heilen Familie kämpft. Unter Motschmann arbeiten? – allein die Vorstellung läßt jeden BAT2a-Empfänger überhastet zum Stellenteil der Zeitung greifen. Die Angst geht um, dabei ist sie völlig unbegründet.
Eine Senatorin Elisabeth Motschmann wird es nämlich nicht geben. Warum? Weil für die gelernte Theologin das passende Ressort fehlt. Denn Bildung, Soziales und Arbeit werden sich weder die Sozialdemokraten als Bastion ihres Klientels nehmen lassen, noch wäre deren Übernahme der CDU zu empfehlen. Was schließlich sollte ihr einsamer Senator samt Staatsrat an der Spitze einer Behörde erreichen, die aus nichts als Spezialdemokraten besteht?
Bleibt für die CDU der Senator für Inneres – ohne Frage der Posten für den Polizist im Geiste Ralf Borttschellers. Bau und Umwelt, das paßt wohl nur auf Fraktionschef Peter Kudella. Der müßte als jahrelanger Sprecher der Baudeputation eigentlich was vom Fach verstehen. Außerdem ist seine Brust groß genug, die Umweltverbände dran zu drücken.
Und Nölle macht Finanzen, was denn sonst? Für die Bundesangelegenheiten mit Justiz wird ein Jurist gebraucht, und für den fünften Posten jemand aus Bremerhaven. Soviel Proporz braucht auch die CDU. Das Puppenstubenressort einer Senatorin für Glauben und gegen Abtreibung ist nicht in Sicht. Wo also wäre Platz für Motschmann?
Natürlich dort, wo alle landen, die woanders lieber nichts werden sollen: im Bürgerschaftspräsidium. Allerdings nur in der zweiten Reihe, denn Präsident soll auf dem CDU-Ticket Reinhard Metz werden. Und auch nur dann, wenn nicht die SPD den Posten braucht, um Klaus Wedemeier mit dem „höchsten Amt im Bundesland“ zu befriedigen und von echter Politik fernzuhalten.
Das wiederum würde Claus Dittbrenner ärgern, der den Job lieber hätte als die leidige Aufgabe, als Pappkamerad einer Fraktion von Heckenschützen vorzustehen. Soviele Namen wie in diesen Tagen wurden in Bremen schon lange nicht mehr gemurmelt. Zumindest das ist doch wohl ein Vorteil der Großen Koalition, findet Rosi Roland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen