■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Borttscheller, echter Kumpel
Eins muß man Ralf H. Borttscheller (CDU) lassen. Der Innensenator ist eine treue Seele. Monatelang hat er seinen Schulfreund Hans-Georg von Bock und Polach verteidigt und ihn trotz der Aktenaffäre als Staatsrat behalten. Auf einer Fraktionssitzung Ende Mai mußte ihm der Rücktritt seines Staatsrates „richtig abgepreßt“werden, wird in CDU-Kreisen erzählt. Doch Borttscheller hielt auch nach dem Rücktritt von Bocks zu seinem Kumpel. Anders als Justizsenator Henning Scherf (SPD), der seinem Staatsrat Michael Göbel noch einen Tritt in den Hintern versetzte, als der für ihn den Kopf hinhielt und nach dem Skandal um die Justizvollzugsanstalt Oslebshausen zurücktrat, wollte Borttscheller sich nicht von seinem Freund trennen. Von Bock sollte die Polizeireform in Bremen vorantreiben – ehrenamtlich, versteht sich. Borttscheller und von Bock plauderten ihre Pläne allerdings zu leichtfertig aus. Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer und Landeschef Bernd Neumann wurden hellhörig und pfiffen den Innensenator zurück. Von Bock sollte gehen, und zwar endgültig. Ein Oberstaatsanwalt, der seine Akten nicht ordentlich bearbeitet hat, sei nicht der richtige Mann, um die Polizei auf Trab zu bringen, befanden die CDU-Chefs. Der Einwand, von Bock wäre nach seiner Berufung zum Staatsrat aus der SPD ausgetreten, nützte nichts. Doch Borttscheller ließ von Bock nicht fallen. Über Wedige von der Schulenburg soll der Innensenator angeblich versucht haben, das Thema auf die Tagesordnung der Fraktionssitzung zu setzen. „Mit so einem Kram befassen wir uns hier nicht“, winkte Neumeyer unwirsch ab. Schweren Herzen knickte Borttscheller ein und bestellte Albert Lohse zum Vorsitzenden des Lenkunsausschusses. „Ich danke Herrn Lohse für die Bereitschaft, an dem großen Vorhaben der Polizeireform federführend mitzuwirken und seine 25jährige Erfahrung in der Polizeiarbeit einzubringen“, schrieb er zähneknirschend in die Presseerklärung. Von Bock sitzt nun zu Hause und kommt endlich dazu, das Werk seines Lieblingsschriftstellers Arno Schmidt (1914 - 1979) zu studieren. So gesehen hat Borttscheller dem Literaturliebhaber einen Dienst erwiesen. Übrigens, das Lebensmotto von Schmidt lautete: „Kein Vaterland, keine Freunde, keine Religion“. Hoffentlich nimmt von Bock das nicht zu wörtlich. Sonst müßte er seinen Freund Borttscheller fallenlassen. Und das hat der nun wirklich nicht verdient, findet Ihre Rosi Roland
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