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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenTerritoriale Gerechtigkeit

In meiner ziemlich privatisierten Putzfrauen-Branche muss man sehen, wo man bleibt. Eine Freundin aus dem Süden hat mir einen langfristigen Tip gegeben: Der Kirchentag kommt vielleicht nach Bremen. Hat sie gehört, als der Präsident des Kirchentags telefoniert hat.

Hinter den 100.000 Menschen, die dann in die Stadt einfallen, muss aufgeräumt werden. Die fahren und laufen vom Zeltlager in Verden zur Messe im Weser-Stadion. Oder vom Blockflöten-Massen-Massaker in Vegesack zur Dombesichtigung. Kilometerweise Müll. Das wird ein Großeinsatz, sag' ich Ihnen. Und wer greift dann einen Job ab? Richtig: Ich.

Als meine Freundin das so erzählt, erinnere ich mich plötzlich. Richtig! Der Henning hat ja gerade erst erzählt, dass er den Gottes-Rave nach Bremen holen will. Hab ich zwar irgendwie schon mal vor einem Jahr gehört oder gelesen. Aber jetzt weiss er endlich, was er will: In acht Jahren, 2007, soll die Party steigen. „Lange hin“, sagen Sie? Auch als Putzfrau muss man schneller sein, als die Kolleginnen.

In acht Jahren? fragt meine Freundin zurück. Nee, nee, Schätzchen, nur nichts überstürzen. Bei dem Gespräch zwischen dem Evangelischen aus Bremen und dem Kirchentags-Chef war davon nicht die Rede. 2009, ja, die Zahl ist gefallen. Nix anderes. Der Termin 2007 ist zwar noch frei. Aber in Bremen kann der Kirchentag da auf-kei-nen-Fall stattfinden.

Wenn meine Freundin das so entschieden sagt, muss da was drann sein. Sie erzählt: Der Kirchentag im Jahr 2005 findet in Hannover statt. Zwei Jahre später, also direkt der nächste Kirchentag, schon in Bremen? Das bis dahin vielleicht längst in Niedersachsen eingemeindet wurde? Das geht schlicht aus territorialer Gerechtigkeit nicht. Selbst wenn Bremen dann noch existiert: Zweimal Kirchentag im hohen Norden, no way. No way. Da mucken dann die Südländer auf, die den Event auch hosten wollen.

Ach die Südländer, die haben doch gar nichts zu melden, sage ich: Da wohnen doch eh nur Katholiken. Denkste, sagt meine Freundin, und kommt mir mit Nord-Zahlen: 68.000 Katholiken in Bremen stehen 276.000 evangelkische Gläubige gegenüber. Na bitte, sag ich. Und wie viele gehen davon regelmäßig zur Kirche? kommt ihre rhetorische Frage. 5.000 bei den Evangelischen, 8.000 bei den Katholen! Uff! sag ich, und schminke mir innerlich den Kirchentags-Job ab. Muss ich wohl meinen Business-Plan ändern, schätzt Ihre Rosi Roland

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