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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenSchulte fällt weich

Die Menschen lieben das Geld, alle, ich weiß das. Schließlich werden Putzfrauen immer mit Fünf-Mark-Stücken auf Herz und Nieren, auf Moral und Ehrlichkeit geprüft. Kennen Sie nicht, den Trick? Also: Man lässt irgendwo unterm Sofa oder unterm Schreibtisch ein Fünf- oder ein Zwei-Mark-Stück liegen und, wenn die Putze das gute Stück in den Tiefen ihres Kittel versteckt, dann isses das gewesen mit dem neuen Job.

Kann sein, dass sich manche zu schade sind für solche Tricks, Arbeitgeber mein ich, aber die gucken trotzdem auf's Geld. Der Unterschied ist doch der: Die einen lieben das Geld und sagen es auch, die anderen kommen aus Kreisen, da spricht man nicht über sowas. Da sagt man lieber, dass man noch „ein paar Projekte“ abwickeln muss. So einer ist glaub' ich der Bernt Schulte, sie wissen schon, der Innensenator, den sie in der CDU so schlecht behandelt haben, dass er seinen Rücktritt erklärt hat. Für Juli.

Für Juli? Da fragt man sich doch, warum der sich dann noch soviel Zeit lässt, wo der Nachfolger Kuno Böse doch schon mit den Füßen scharrt. Und da find' ich doch im Papierkorb von einem anderen Senator das Senatsgesetz, in dem die Bezüge geregelt werden. Die nehm' ich mit nach Hause, denk' ich, ich schlaf ja immer so schlecht ein. Aber dann war's doch ganz spannend und gar nicht zum Einschlafen. Jetzt weiß ich nämlich, warum der Schulte auf Biegen und Brechen die sechs Jahre voll machen will – im Juli 95 ist er Senator geworden. Nee, direkt mehr kriegt er nicht, aber früher kriegt er's. Passen Sie auf, ich erklär's Ihnen: Nach vier Jahren Senator-Sein hat man Anspruch auf beträchtliche Pension, schon nach zwei Jahren hat man Anspruch auf zwei Jahre Übergangsgeld (wahrscheinlich, weil man danach so schnell keinen Job kriegt, stell' ich mir vor. Obwohl – unsereins soll ja jetzt generell nur noch ein Jahr Arbeitslosengeld kriegen). So, und mit jedem Jahr, das man länger als vier Jahre im Amt ist, wird das Pensionsberechtigungsalter, das sonst bei 63 liegt, um ein Jahr nach vorne verlegt. Das heißt: Wenn der Schulte, der ist jetzt 59, im Juli arbeitslos wird, dann kriegt er erstmal zwei Jahre Übergangsgeld und dann ist er 61 und kriegt Pension, weil er das Pensionsalter ja um zwei Jahre vorverlegt hat. Kapiert? Lückenlos versorgt ist er. Natürlich nur für den Fall, dass er tatsächlich keinen „Job in der freien Wirtschaft“ kriegt. Gönn' ich ihm ja. Obwohl, ich hab' gelesen, im Bremer Parlament wollen sie demnächst über „Sozialhilfekarrieren“ reden und wie man die vermeiden kann. Könnte man ja auch mal über Versorgungsanspruchskarrieren reden, oder? Der Sprecher von dem Schulte hat jedenfalls gesagt, das sei doch für den Schulte schon auch gut, wenn der wüßte, dass er nicht in ein tiefes Loch fällt. Das find' ich auch. Da würd' ich übrigens auch gerne mal was zu sagen, weil wir Putzfrauen im öffentlichen Dienst, wir sollen ja jetzt privatisiert werden und da buddelt die Stadt ja schon ein paar Löcher, wo unsereins dann reinfallen könnte. Aber, da können sie Gift drauf nehmen: Wir würden da auch drüber reden, und nicht von „Projekten“ faseln oder so. Wenn uns einer fragen würde. hre Rosi Roland

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