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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenTänzelnd aus den Krakenarmen

Den Herrn Hübner vom Theater, den kenn' ich noch von früher. Da war ich mal bei ihm in Stellung. Ein ganz feiner Herr. Schade, dass sie ihn hier damals mit Schimpf und Schande davon gejagt haben. Ehrensache, dass ich auch ins Theater bin, zu seinem Fünfundachtzigsten. Sogar der Herr Bürgermeister war da. Natürlich hat er es sich nicht nehmen lassen, nach allen Lobreden auch noch ein paar Worte zu sagen.

Aber diesmal kam er gar nicht recht zu Wort. Immer wieder unterbrach ihn der alte Herr. „Machen Sie nicht soviel Firlefanz“, sagte er brüsk, als das Süßholz Raspeln kein Ende nehmen wollte – ganz wie man ihn von früher kennt. Einmal musste er sogar rüde widersprechen: „Quatsch!“, entfuhr es ihm, als der Bürgermeister sagte, dass Hübner mit seinem Theater provozieren wollte.

Ein Geschenk vom Senat hatte der Bürgermeister auch noch mitgebracht: Ein altes Bild vom Bremer Markt. „Da fehlen ja die Leute drauf“, sagte Hübner spontan, „aber die kann ich mir ja hinter den Fenstern vorstellen.“ Den Hans Koschnick zum Beispiel, „das war noch ein Bürgermeister. Den hätt' ich heute gern hier, aber da vorn sitzt seine Frau. Die kennen Sie ja wohl.“ Da nickte der Lange nur sprachlos. Und gleich ging's weiter: „Oder den Adolf Ehlers“, der alte Kommunist, der eigentlich mal Nachfolger von Wilhelm Kaisen werden sollte. „Mit dem konnte ich über Shakespeare reden – ob man das mit Ihnen wohl kann?“, fragte er mit einem zweifelnden Blick nach oben.

Der Bürgemeister wollte ihn trotzdem gar nicht von der Bühne lassen. Mit seinen Krakenarmen hat er versucht, den Jubilar einzufangen und zu herzen. Aber der alte Herr hat sich tänzelnd aus der Umarmung gewunden, als wär's Tanztheater und er 60 Jahre jünger. Am nächsten Tag hat er dann trotzdem ins Goldene Buch der Stadt geschrieben, dass es sein „Versöhnungstag“ mit Bremen ist, sagt meine Kollegin aus dem Rathaus. Hat doch Stil, oder? Er ist eben einfach ein feiner Herr, findet

Ihre Rosi Roland

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