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Archiv-Artikel

„Rosas“ frühe Jahre

Von KBM

Seit Pina Bausch gestorben ist und die Company von Merce Cunnigham mit der letzten Tournee nach seinem Tode rund um die Welt reist, wächst das Bewusstsein von der engen Bindung der Choreografien an ihren Choreografen und von der Sterblichkeit des Tanzes. Nur das, was aufgeführt wird, existiert. Dem trägt ein Projekt der flandrischen Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker Rechnung. Für „Early Works“ hat die 1960 geborene Choreografin vier ihrer Stücke von Anfang der 80er wiederaufgenommen. So jung war bis dahin noch kaum einer Choreografin Erfolg beschieden. Sie überraschte mit Strenge, Reduktion der Form und repetitiven Mustern zur Musik von Steve Reich in dem einen Stück, um kurz darauf zu beweisen, dass sich eine abstrakte Bewegungssprache sehr wohl mit Emotionen und individuellen Geschichten verbinden ließ. Jetzt gastiert sie mit „Early Works“ im Hebbeltheater – eine einmalige Gelegenheit, in ein aufregendes Kapitel der Tanzgeschichte einzutauchen und De Keersmaeker selbst mit ihren „Rosas“ zu sehen.

„Eigentlich versuche ich, dem Publikum die Schönheit, die Freude und den Genuss an Musik durch Tanz zu vermitteln“, sagt De Keersmaeker, und tatsächlich verleihen ihre Stücke der Musikrezeption meist eine ganz eigene Form. Oft sind Livemusiker dabei wie in „Bartók/Mikrokosmus“ von 1987. Für eine Arbeit zu Miles Davies „Bitches Brew“ spielte die Schallplatte eine Rolle, das intime und private Hören. Jede Musik bringt in De Keersmaekers Stücken ihre eigene Form von Öffentlichkeit mit. Für ihre jüngste Arbeit mit mittelalterlichen Chorwerken lernten ihre Tänzer singen.

Schwingende Kleider, ein kurzer Haarschnitt, mädchenhafte Zartheit und ein überraschend verschmitztes Spiel – auch das ist eine Eigenschaft der „Rosas“, die in den frühen Stücken klare Konturen gewinnt. Sie transportieren so etwas wie eine weibliche intellektuelle Anmut, die, ohne dies je groß zu betonen, der männlichen Dominanz auf dem Feld der Regie Paroli bietet. Auch das ist bis heute eine Tugend und ein Zeichen der Wiedererkennung für diese Choreografin geblieben. KBM

■ „Rosas danst Rosas“: 5. 10.; „Elena’s Arias“: 7. 10.; „Bartók/Mikrokosmos“: 9. 10., jeweils 19.30 Uhr, HAU 1, Stresemannstr. 29