Rohstoffe im Nordmeer: WWF verliert Klage gegen Tiefseebergbau in Norwegen
Die Umweltorganisation unterliegt vor Gericht in Oslo bei dem Versuch, Norwegens Tiefseebergbau zu stoppen. Jetzt erwägt sie, in Berufung zu gehen.
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„Das Gericht vermischt leider die politischen Überlegungen, wonach die Politik freien Spielraum haben soll, mit dem, was wir hervorheben, nämlich die Anforderungen an die notwendigen Kenntnisse“, teilte Karoline Andaur, Vorständin von WWF Norwegen, der taz mit.
Norwegen trieb das Vorhaben, auf dem Meeresgrund künftig kommerziellen Rohstoffabbau zu ermöglichen, im vergangenen Jahr mit großem Tempo voran – ungeachtet der Proteste von Umweltorganisationen und aus der Forschung. Es sei noch viel zu wenig über die Ökosysteme der betroffenen Gebiete bekannt, um schon Lizenzen zur näheren Untersuchung und im nächsten Schritt auch zum Abbau zu vergeben, so die Kritiker.
Der Start der Lizenzvergabe war mit Zustimmung des norwegischen Parlaments für dieses Jahr geplant. Ein Gebiet von mehr als 100.000 Quadratkilometern – unterteilt in 386 Abschnitte auf dem Meeresgrund zwischen Norwegen, Grönland und Spitzbergen – hatte das Energieministerium dafür ausgewählt.
WWF prüft Berufung
Doch noch während im November die WWF-Klage vor Gericht verhandelt wurde, zog die Linkspartei Sosialistisk Venstre die Mehrheitsbeschaffungs-Karte und verlangte das Aussetzen der Pläne um ein Jahr – im Gegenzug für die Zustimmung zum norwegischen Haushalt.
„Eine Pause, die der Regierung Zeit zum Umdenken gibt“, nannte Andauer dies im Gespräch mit der taz. Welche Regierung nächstes Jahr dann zuständig ist, muss sich noch zeigen: Im Herbst wird in Norwegen gewählt. In Umfragen liegen die rechtspopulistische Fortschrittspartei und die konservative Høyre zusammen derzeit bei mehr als 44 Prozent. Beide unterstützen den von der sozialdemokratischen Arbeiderparti vorangetriebenen Kurs beim Tiefseebergbau.
Das Gericht erklärt in seinem der taz vorliegenden Urteil, der betreffende Gesetzestext verlange, dass die Umweltfolgen untersucht werden, aber nicht, dass sie abschließend mit vollkommener Sicherheit geklärt werden. Das stütze nicht die WWF-Argumentation, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung auf tatsächlichen Erkenntnissen über das gesamte Gebiet beruhen müsse, bevor die Öffnung des Gebietes überhaupt rechtlich zulässig sei. Die Regierung habe innerhalb des gesetzlichen Rahmens gehandelt.
Das Energieministerium unter dem sozialdemokratischen Minister Terje Aasland betont immer wieder, dass Umweltbelange auf dem geplanten Weg zum Tiefseebergbau kontinuierlich weiter untersucht und berücksichtigt werden sollen. Gegner zweifeln an der Wirksamkeit des Vorgehens und fürchten, jeder weitere Schritt mache eine Umkehr schwieriger. Der WWF Norwegen will nun prüfen, ob er in Berufung geht.
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