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■ Berliner TelegrammRoggenkäppchen

Es war einmal ein kleines, entzückendes Mädchen mit wunderschönen, roggenblonden Zöpfen. Das hatte von seiner Großmutter ein entzückendes Käppchen ganz aus Roggenstroh gefertigt bekommen, welches es immer trug. Deshalb rief es alle Welt nur „Roggenkäppchen“. Als die Großmutter nun krank in ihrem mit Roggengranulat gedämmten Haus lag, schickte die Mutter Roggenkäppchen mit einem Körbchen gefüllt mit stärkenden Roggennudeln und frischen Roggenbrötchen sowie einem Eßgeschirr aus Roggenmehlgelatine zur Großmutter, damit diese wieder gesunde. Der böse Wolf, der obendrein noch unter einer Roggenallergie litt, hatte Roggenkäppchen den ganzen Weg mit hängenden Lefzen beobachtet. Jeder weiß ja, wie ein ähnliches Märchen weiter- und gut ausgeht. Das Institut für Getreideverarbeitung (IGV) bei Potsdam ist aber echt: Roggen als nachhaltiger Rohstoff steht dort im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses, außerdem wird in den Bereichen der Gewässersanierung durch Mikroalgen, der chemiefreien Lebensmittelherstellung und Bodensanierung geforscht. Nebenbei werden auch noch Lehrlinge ausgebildet, Unternehmen beraten und eigene Maschinen entwickelt. Das Märchen ist jetzt sogar bis nach China gedrungen, wo man eventuell nach dem Potsdamer Modell kompostierbares Wegwerfgeschirr herstellen will, allerdings aus anderem Material: Reiskäppchen hat schon seinen neuen Korb gepackt. bst

IGV, Arthur-Scheunert-Allee 40, 14558 Bergholz-Rehbrücke, Tel (033200) 890

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