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Archiv-Artikel

fusspflege unter der grasnarbe Rock‘n‘Roll in Eimsbush

DDR-Schlagerstern Frank Schöbel wusste es: „Die Fans sind eine Macht/ Und hast du nur sieben oder acht/ Es sind Fans/ Und Fans sind eine Macht“, sang er. Und brachte damit die Situation von Amateurvereinen – gewollt oder nicht – ziemlich genau auf den Punkt.

Ganz so bescheiden musste Fußball-Eimsbüttel dann doch nicht sein. Beim Hamburger Verbandsliga-Derby (5. Liga) zwischen dem Eimsbütteler TV (ETV) und dem Hamburg-Eimsbütteler Ballspiel-Club (HEBC) tummelten sich nicht nur sieben oder acht, sondern knapp 200 Zuschauer. Alles war klein und gut. Ein schwarzer Polo wurde ausgerufen, weil er eine Ausfahrt versperrte. Zur Halbzeit gab es Gratis-Kaffee für die Sponsoren im „Club 100“. Und der Stadionsprecher schickte als Aufmunterung das Thema von „Rocky III“ aus den Boxen – zusammen mit dem Tipp, dass seine Favoriten namens „Rock House“ demnächst im Studentenschuppen „Logo“ konzertieren. Private Nachrichten aus der Fußball-Provinz. Wenn Rock‘n‘Roll tatsächlich ein hartes Leben ist, hat das kaum ein Verein zuletzt besser nachempfunden als der ETV. Ein großer Verein – der ETV hat über 11.000 Mitglieder – ist eine große Familie. Im März brannte das Clubheim. Den Verdacht, dass vereinsinterne Differenzen zu einem Brandanschlag führten, konnte die Polizei nicht erhärten. Zum Derby wurde das Clubheim neu eingeweiht. Die Heldenbilder ehemaliger Mannschaften sind noch nicht wieder aufgehängt. Max, einer der neuen Wirte, hat in seiner Jugend für Dynamo Omsk gekickt und singt mit ostdeutschen Gästen russische Pionierlieder. Als der Schatzmeister schon gegangen ist, zahlt er die Gebühren für den Schiedsrichter erst mal aus seiner Kasse.

Improvisation, die man gelernt hat. Die letzten vier Jahre verbrachte der ETV auf einem Abstiegsplatz in der Oberliga. Weil Konkurrenten kein Geld hatten, um sich die Viertklassigkeit zu leisten, blieb der ebenfalls klamme Club bis zum Sommer in der Klasse. Immer noch weit weg von den letzten großen Erstliga-Zeiten des ETV in den fünfziger Jahren.

Eine Zeit, für manche so weit entfernt wie der Gedanke, ernsthafte Fußballmannschaften könnten auch auf anderem Untergrund spielen als auf ausfahrbarem Luxus-Rasen. Willkommen in der Verbandsliga Hamburg! Der Lokalrivale HEBC trägt seine Heimspiele auf tiefrotem Grand aus. Pogo statt Ballett, Sepultura statt Schwanensee. Auf einigermaßen vernutztem Grün hat der ETV aber mehr Glück. Lennart Ekelund macht eine Minute vor Schluss das 3:2-Siegtor. Danach sorgen beide Trainer für die Aufrechterhaltung der Derby-Stimmung: „Obwohl wir nicht viel gemacht haben, waren wir besser“, stichelt Stilianos Vamvakidis (HEBC). Sein Counterpart Michael Richter darauf: „Danke, HEBC, jeder andere Gegner hätte uns von der Koppel geschossen.“ Koppel as Koppel can. Derby-Rivalität, für die Hamburger Fußballfans nicht mal nach Celle oder Hannover fahren müssen.