Roadmap Energiepolitik 2020: Jede dritte Kilowattstunde wird grün
Das Bundesumweltministerium will eine Teilverstaatlichung der Stromnetze und 850 Kilometer neuer Leitungen. Zudem soll über ein Netzausbau-Beschleunigungsgesetz grüner Strom ins Netz integriert werden.
Das Bundesumweltministerium hat ein Konzept zur Energiepolitik bis 2020 vorgestellt. "Diese Roadmap ist eine seriös durchgerechnete Handlungsanweisung, mit der wir die Herausforderungen - Klimaschutz, Versorgungssicherheit, bezahlbare Energie - meistern können", sagte Umwelt-Staatssekretär Matthias Machnig in Berlin. Den Plänen zufolge sollen im Jahr 2020 mindestens 30 Prozent des deutschen Stromverbrauchs durch regenerative Quellen gedeckt werden. 40 Prozent sollen durch Kohlekraftwerke bereitgestellt werden, der Rest von Gaskraftwerken.
"Notwendig ist dafür der Atomausstieg, eine Senkung des Strombedarfes um 11 Prozent und ein Ausbau der Netze", erläuterte Machnig. Um Letzteres zu erreichen, sei eine bundesweite Netzgesellschaft zu gründen, an der der Staat mindestens 25,1 Prozent Anteile hält. Derzeit sind die Übertragungsnetze noch in der Hand der vier Konzerne RWE, Eon, Vattenfall und EnBW, was aber nach dem Veto der EU nicht so bleiben darf.
"Wir brauchen 850 Kilometer neue Stromtrassen bis 2015", erklärte Machnig. Bereits heute würden die Netze den Ausbau der Erneuerbaren limitieren. "Bei starkem Wind sind die Übertragungskapazitäten oft nicht ausreichend, um den Windstrom aufnehmen zu können", so Machnig. Wichtig für den Netzausbau sei eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Bis zu 15 Jahren würden in manchen Verfahren vergehen, bevor die Trassen gebaut würden, so Machnig und kündigte ein Netzausbau-Beschleunigungsgesetz an.
Während bei der Förderung der erneuerbaren Energien bereits viel erreicht worden ist, besteht der "Roadmap" zu Folge im Bereich der Energieeffizienz enormer Handlungsbedarf. Die Bundesregierung hatte sich darauf verständigt, die Energieproduktivität bis 2020 gegenüber dem Jahr 1990 zu verdoppeln. Machnig forderte vom neuen Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) endlich ein Gesetzentwurf vorlegen, mit dem eine höhere Energieeffizienz in Industrie und Haushalten erreicht werden kann.
Zwar wurde die Roadmap von Industrie und Politik insgesamt begrüßt. Im Detail aber gab es Kritik. Zum Beispiel vom Bremer Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne): "Dörpen, Wilhelmshafen, Stade, Hamburg, Brunsbüttel - an der Nordsee werden jede Menge Kohlekraftwerke gebaut", so Loske. Dies sei ein "absoluter Zielkonflikt" zu den in der Roadmap prognostizierten 25.000 Megawatt Offshore-Windrädern: Es bestünde dann keine Chance den Windstrom ins Netz einzuspeisen - weil das mit Kohlestrom voll sei.
"Es darf keine Deckelung für die Erneuerbaren geben", forderte Ralf Bischof, Vorstand des Bundesverbands Erneuerbare Energien. Der Verband hatte gerade seine Ausbauprognose an Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben, nach der bis 2020 sogar 47 Prozent des deutschen Stromverbrauchs regenerativ zu decken sei. Würde die Roadmap für dieses Ziel offen sein, "führt das zu anderen Investitionsentscheidungen als etwa für neue Kohlekraftwerke".
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