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Richard Sennet übers HandwerkSeltsam betuliches Fahrwasser

Robert Misik
Kommentar von Robert Misik

Zu Richard Sennetts neuem Buch "Handwerk" hagelte es Kritik von allen Seiten. Aber haben wir Deutschen ihn vielleicht falsch verstanden?

Haben wir ihn missverstanden? Soziologe Richard Sennett. Bild: dpa

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Robert Misik
Geboren 1966, lebt und arbeitet in Wien. Journalist, Sachbuchautor, Ausstellungskurator, Theatermacher, Universaldilettant. taz-Kolumnist am Wochenende ("Der rote Faden"), als loser Autor der taz schon irgendwie ein Urgestein. Schreibt seit 1992 immer wieder für das Blatt. Buchveröffentlichungen wie "Genial dagegen", "Marx für Eilige" usw. Jüngste Veröffentlichungen: "Liebe in Zeiten des Kapitalismus" (2018) und zuletzt "Herrschaft der Niedertracht" (2019). Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik 2009, Preis der John Maynard Keynes Gesellschaft für Wirtschaftspublizistik 2019.

2 Kommentare

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  • HH
    Hans-Hermann Hirschelmann

    Konkurrenz fördert oder zerstört Qualität. Weil das so ist, gibt es Gewerkschaften und andere Anti-Dumping Institutionen und Maßnahmen einschließlich der Verbraucheraufklärung. Unsinn ist lediglich die Behauptung, dass sie "natürlich" das eine oder andere bewirkt. Wenn auch kluge Kapitalismusgegner ein ums andere Mal behaupten, dass im Kapitalismus Gebrauchswerte bzw. "qualitatives Wachstum" nicht zählen, ist es kein Wunder, dass "neoliberale" Homo Ökonomicus Phantasien solch eine verführerische Kraft entfalten konnten. Schon weil die Verallgemeinerung von Produktivitätsfortschritten die Produkte ökonomisch entwertet, müssen einzelne Unternehmen dem Verfall ihrer Profitrate entgegenwirken. Das nötigt sie zur Ausweitung ihrer Profitmasse durch Ausweitung ihrer Marktanteile (wenn nicht mittels allgemeiner Ausweitung von Märkten), aber auch dazu, die von ihnen produzieren Waren zumindest vorübergehend zu einem überdurchschnittlich profitablen Preis verkaufen zu können, indem sie Qualitätsbedürfnisse erforschen, erfüllen oder sogar schaffen können. Was ich Sennet unterstellen möchte, (meine Verhältnisse sind leider nicht so, dass ich es schaffe, solche Wälzer selbst zu lesen), ist, dass er den Stolz auf (mit) produzierte Qualität als Moment der Ententfremdung oder Mitmenschwerdung (Mitmenschheitswerdung) wahrnimmt, also sieht, dass die "gute" Lebenswelt in der "bösen" Systemwelt präsent ist. Sollte ich mit dieser Einschätzung richtig liegen, wäre eine über die soziale Ohnmacht kapitalistischer Konkurrenzbedingungen (und also Qualitätsbestimmungs-, Herstellungs- und Aneignungsbedingungen) hinausweisende Perspektive der Ermächtigung zur sozialen (und ökologisch reflektierten) Steuerung menschlicher Behauptungsverhältnisse ein guter Anknüpfungspunkt.

     

    Gruß hhirschel

  • BW
    bernhard wagner

    So, so, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung meinte man also, Sennetts Monographie habe "ein wenig was von Heidegger". Naja, zum Glück nur "ein wenig", sonst wäre die Behauptung ja geradezu eine - freilich in diesem Fall sicher unbeabsichtigte - Beleidigung. Zu Heidegger hat Bourdieu eigentlich, ja: eigentlich ;o) schon so ziemlich das Wichtigste gesagt. Im Unterschied zu H.s rhetorischem Schaum, dem auch z.B. sein Jünger Sloterdijk erfolgreich nacheifert und von dem es wirklich bedauernswert ist, dass er leider trotz der vielen Lufteinschlüsse nicht als Isoliermaterial in Zeiten des Klimawandels taugt, hat Sennett allerdings nicht nur Quantität zu bieten, sondern auch Qualität. Wenn einmal die soziolgische und philosophische Mehrheit auch in Deutschland das erkannt hat, wird damit der Erkenntnisprozess in diesen Disziplinen ein gutes Stück vorwärts gekommen sein.