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Archiv-Artikel

männer & andere zwischenstufen (x) Ribéry, der Narbenschöne

Der Sexappeal der WM. Heute: Franck Ribéry (sprich: Riebeeri), geb. 1983 in Boulougne-sur-Mer, spielt für Frankreich

Ein bemerkenswertes Mitglied der Équipe tricolore ist er schon deshalb, weil er der einzig hellhäutige Spieler der französischen Mannschaft scheint: Franck Ribéry, 23 Jahre, geboren an der französischen Kanalküste als Sohn so genannt kleiner Leute, stand unter mächtigem Druck, als er in den WM-Kader seines Landes berufen wurde. Zidane, der Alte, den sollte er beerben, in puncto Spielintelligenz vor allem. Aber diese Last hat ihm der Altvordere noch mal abgenommen: Ribéry kann vom Helden, Kind maghrebinischer Eltern, nun noch lernen.

Immerhin: Sein Treffer zum 1:1 gegen Spanien, sein erster in einem Länderspiel überhaupt, schenkte den Seinen die Gewissheit, es doch über das Achtelfinale hinaus schaffen zu können. Was auch eine Empfehlung für den Anbetungsmarkt war. In Frankreich existieren Internetseiten, auf denen Frauen & Mädchen unziemliche Wünsche aussprechen: „Zizou – ich will ein Kind von dir“, aber Zidane ist ja verheiratet.

Neulich wurde Ribéry in den Kreis der Zeugungskräfte aufgenommen: Was einmal mehr beweist, wie wenig es auf Makellosigkeit im Äußeren ankommt. Denn Ribéry trägt im Gesicht eine Narbe, die er sich als Kind bei einem Autounfall zuzog. Möglicherweise sähe sein Antlitz gar zu liebreizend aus, fehlte ihm diese Signatur aus tragischem Grund. Aber in Kombination mit seinen Öhrchen, dem cäsarenhaften Kurzhaarschnitt, den Augen, die gierig das eigene Fortkommen im Blick zu haben scheinen, sieht diese verheilte Verletzung aus wie eine Wunde, die ziert.

Sein Lächeln ist von ungewöhnlicher Mildheit, seine Miene während der Marseillaise ausgesprochen von Stolz geprägt, selbst mit geöffnetem Mund ist er eine Versprechen: Hier stehe ich fein – und könnte auch anders. Aus seinem Umfeld ist zu hören, Ribéry sei ein netter, fairer Kerl, der keinem Maikäfer etwas tun könnte – aber seine Gegenspieler ernst nimmt, indem er kein Tackling meidet. Vom erotischen Plan her legt dies ein Setting nahe, das auf Nähe setzt – sie aber durch das Gegenüber stiften lässt: So einer will erobert werden – so einer lässt sich verführen. Seine Narbe ist besser als jedes Tattoo, ein Lockmittel. Das Mitgefühl regt – ohne Bedauern: ein klasse Bursche, den es echt gibt, sonst hätte ihn die große Männerversteherin Benoîte Groult („Salz auf unserer Haut“) erfinden müssen. JAN FEDDERSEN