piwik no script img

Revolution in Ägypten"Den Boten erschießen"

Die ägyptischen Sicherheitskräfte gehen mittlerweile gezielt gegen ausländische Journalisten vor. Auch zwei Mitarbeiter von Amnesty International sollen festgenommen worden sein.

Mindestens 24 Journalisten sind innerhalb eines Tages von Sicherheitskräften in Kairo festgenommen worden. Bild: dapd

KAIRO dapd/afp/taz | Die ägyptischen Sicherheitskräfte und mutmaßlich mit ihnen zusammenarbeitende Schlägertrupps gehen inzwischen gezeilt gegen Beobachter der Proteste vor. Dutzende ausländische Journalisten wurden festgenommen. Am Freitag verbot das Militär Journalisten, den Tahrir-Platz von den Balkonen der umliegenden Hotels aus zu fotografieren oder zu filmen. Wer es trotzdem tue, müsse mit der Konfiszierung seiner Ausrüstung rechnen, hieß es.

Am Donnerstagabend (Ortszeit) gab das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) in Washington bekannt, dass mindestens 24 Journalisten in den vorangegangenen 24 Stunden in Ägypten festgenommen worden seien. 21 Reporter seien angegriffen und in fünf Fällen sei die Ausrüstung von Journalisten beschlagnahmt worden. Die Angriffe auf Journalisten hätten sich in einem Maße intensiviert wie nie zuvor in der jüngeren Geschichte Ägyptens, sagte Mohamed Abdel Dayem vom CPJ.

Drei Reporter des französischen Privatsenders TF1 kamen am Freitag wieder auf freien Fuß. Sie seien 15 Stunden lang festgehalten und, meist mit verbundenen Augen, verhört worden, berichteten sie.

Auch Menschenrechtsorganisationen sind von der Repression betroffen. So wurde bereits am Donnerstag in Kairo das Büro einer Menschenrechtsorganisation gestürmt. Mindestens 30 Personen wurden dabei festgenommen. Laut James Lynch, dem Amnesty-International-Sprecher für die Region, wurden zwei Mitglieder von Amnesty International in nichtgekennzeichneten Fahrzeugen fortgebracht.

Ihr Aufenthaltsort war am Freitagnachmittag noch immer nicht bekannt. Während der Polizeiaktion habe eine aggressive Menschenmasse die Festgenommenen geschlagen und getreten.

Internationale Kritik an den systematischen Angriffen auf Reporter und Menschenrechtsgruppen, wie sie unter anderem US-Vizepräsident Joe Biden und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier äußerten, ließ die Regierung in Kairo unbeeindruckt.

Ein Journalist des Nachrichtensenders al-Dschasira, der trotz allem am Freitag den ganzen Tag live vom Tahrir-Platz berichtete, kommentierte den versuchten Ausschluss der Weltöffentlichkeit von den Massenprotesten mit den Worten: "Wenn die Schlacht verloren ist, erschießt man zuerst den Boten."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • E
    end.the.occupation.83

    >> Internationale Kritik an den systematischen Angriffen auf Reporter und Menschenrechtsgruppen, wie sie unter anderem US-Vizepräsident Joe Biden und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier äußerten

     

    Steinmeier? War der nicht in die Entführung und Folterung von Mohammed Haydar Zammar, Khaled el-Masri und Murat Kurnaz verwickelt - oder hat er nur verhindert, dass die wieder freikamen?

     

    Ich würde ihn nur allzugern in dem Flieger, neben Mubarak sitzen sehen ...