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Religionsfreiheit in BerlinBeschneidung straffrei

Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) will sich dafür einsetzen, dass Beschneidung legal bleibt. Er stützt sich dabei auf ein Gutachten des Generalstaatsanwalts.

Kann in Berlin bald wieder sicher benutzt werden: Beschneidungswerkzeug eines Kinderarztes. Bild: dpa

BERLIN dpa | Religiöse Beschneidungen von jüdischen und muslimischen Jungen sollen in Berlin straffrei bleiben. Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) will den Ärzten des Jüdischen Krankenhauses zusichern, dass sie nunmehr keine strafrechtliche Verfolgung zu befürchten hätten und wieder die Jahrtausende alte Tradition fortsetzen könnten.

Heilmann stützt sich auf ein Gutachten des Berliner Generalstaatsanwalts. Daraus geht hervor, dass bei Beachtung der ärztlichen Sorgfaltspflicht der Ritus in Berlin weiterhin erlaubt ist.

Der Bundestag hatte signalisiert, dass in einem neuen Gesetz die Straffreiheit der Beschneidung festgeschrieben werden soll. Daher gebe es auch in Berlin kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung, heißt es im Gutachten der Generalstaatsanwaltschaft.

Das Landgericht Köln hatte Ende Juni eine religiös motivierte Beschneidung für rechtswidrig erklärt. Das erste Urteil dieser Art ist eine Einzelfallentscheidung und nicht bindend für andere Gerichte. Dennoch herrscht Verunsicherung. Viele Ärzte bieten diese Eingriffe seither nicht mehr an. Auch das Jüdische Krankenhaus, das auch bei muslimischen Jungen die Beschneidung vornimmt, hatte die Entfernung der Vorhaut am Penis gestoppt.

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17 Kommentare

 / 
  • H
    Hansi

    Frage an die taz:

     

    Liegt das Gutachten des Generalstaatsanwalts vor?

     

    Oder ist ein ein Geheimgutachten?

     

    Ist das Gutachten rechtlich in Ordnung?

  • F
    fra_galgario

    @schorse:

    "Hilfe, wo bin ich denn hier gelandet?"

     

    Da bin ich gerne behilflich und gebe Auskunft: Sie sind in einer Gesellschaft gelandet, die sich mehrheitlich und mit gutem Grund dafür einsetzt, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht durch Religionsfunktionäre ausgehöhlt wird.

     

    In den vergangenen Jahrhundeten ist viel Blut geflossen und haben zahllose Menschen furchtbar gelitten, weil diverse Religionen unter Berufung auf den Willen ihres Gottes und ihre heiligen Schriften dieses Recht auf körperliche Unversehrtheit missachtet haben.

     

    Dass auf den Körper eines Menschen, der noch zu keiner qualifizierten Äußerung fähig ist, aus religiösen Gründen zugegriffen und in diesen Körper irreversibel eingegriffen wird, ist eine mit aufgeklärtem Religionsverständnis unvereinbare Vorstellung.

  • S
    Schorse

    Hilfe, wo bin ich denn hier gelandet? Die Mehrzahl der Beiträge zeugen von fundierter Unkenntniss der Sachlage, rabiaten Antiklerikalismus und Religionsfeindlichkeit sowie einer ganz und gar verdorbenen hämischen (Un-)Geisteshaltung.

     

    Als nächstes ist wohl zu erwarten, dass man jüdische und muslimische Kinder zum Verzehr von Schweinefleisch nötigt, und die einzige Chance daraus zu kommen darin besteht, dass die Eltern angeben, das Kind vegetarisch zu erziehen.

     

    Weil vegetarisch erziehen, das ist erlaubt, weil manche "Kleingeister" glauben, dass sich so was ja irgendwie "vernünftiger" begründen ließe als eine Hygienemaßnahme, die im Judentum und Islam Tradition ist.

     

    Diese Verständnis von "Vernunft" mit der hier die "Vernunftsapostel" missionieren gehen, widert mich an!

  • MF
    Markus Freidenker

    Es ist höchst bedenklich und erschreckend, wenn ein Justizsenator nicht die Grundsätze des Grundgesetzes kennt und gegen Angriffe verteidigt.

     

    Es ist keine große Einschränkung der Religionsfreiheit, wenn Gläubige sich ab 18 Jahren eigenverantwortlich für eine Beschneidung entscheiden können.

     

    Der Grundsatz sollte doch lauten: Geistliche haben an den Geschlechtsteilen von Kindern nicht verloren.

    Oder haben wir aus den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche nichts gelernt ?

  • E
    Elvenpath

    @Wolfgang Banse: Und was ist, wenn das Kind nachher gar kein Muslim oder Jude sein will?

    Dann wurden seine Religionsfreiheit mit den Füßen getreten.

     

    Ein muslimischer Beschneider, der tausende von Beschneidungen durchgeführt hat, hat in diesem Zusammenhang gesagt: Wenn die Beschneidung erst mit 14 freiwillig erfolgt, würden sich die meisten Jugendlichen dagegen entscheiden.

    Daran sieht man, dass die gewaltsame Zwangsbescheidung von wehrlosen Kindern und Säuglinge Unrecht ist. Es ist ein absolutes KO-Kriterium.

     

    Aber insgesamt stehen die Chancen nicht schlecht, dass dieses Gesetz kassiert wird, denn es wird ein Einzelfallgesetz geschaffen, es gilt nur für männliche Kinder ist also diskriminierend, es verstößt gegen die sexuelle Selbstbestimmung und ist Körperverletzung. All dieses dürfen Gesetze nicht gestatten.

  • DB
    der Beschneidung der Politik

    Die öffentliche Beschneidung von Politikern würde sich auf unsere Gesellschaft positiver auswirken als die Befürwortung der Genitalverstümmelung an Kindern.

  • J
    Jengre

    Man tut Kindern nicht weh! Warum sollte Religion dafür eine Ausrede bieten? Sozial unverträgliche oder gesetzeswidrige Zwangsvorstellungen darf man nun einmal nicht ausleben. Die Mißbrauchsskandale in der Kirche zeigen doch, wie sehr wir die Autorität der religiösen Würdenträger noch zurückdrängen müssen.

  • A
    andreas

    Hand in Hand gegen die Unversehrtheit Schutzbefohlener.

    Aber das Wohl von Kindern hat in diesem Land 'eh keine Lobby, wenn es religös "erklärbar" ist.

    Da sind sich dann alle Politiker über alle Parteien hinweg einig.

    Willkommen in Deutschland liebe Kinder !!!

     

    Von mir auch ein PFUI!

     

    P.S Nun können endlich wieder erwachsene Männer an kleinen Jungs rumschnippeln... :0/

     

    Ein Atheist

  • M
    Meerwind7

    Gewalt gegen Juden und Moslems wird nicht von Amts wegen geahndet.

    Wie bei den Pogromen 1938, als deutsche Gerichte ebenfalls weggesehen haben.

    An dem bestehenden Verbot kann die Staatsanwaltschaft allerdings nichts ändern. Übrigens bleibt auch das Recht auf zivilrechtliche Entschädigung erhalten. Kein vernünftiger Arzt wird in dieser Siutation zum Straftäter. Somt bleiben die Eingriffe medizinisch unqualifizieren Tätern überlassen.

  • B
    Bonk

    Das Recht alter Männer an kleinen Kindern herumschnippeln zu dürfen, weil ihnen das von einem unsichtbaren Onkel im Himmel gesagt wurde oder sie das von irgendwelchen Stämmen überliefert bekommen haben, denen offenbar die Sonne ein wenig zu lange aufs Hirn geschienen hat, darf auf keinen Fall eingeschränkt werden.

    Denn 1. mögen unsichtbare gottgleiche Wesen nur Jungs ohne Vorhaut und 2. gibt es ja zum Glück noch Godwins Law. Damit lässt sich in diesem Land alles erreichen und sei es noch so absurd.

     

    Die ganzen Speichellecker, die in vorauseilendem Gehorsam dafür das man an Babys herumschneidet auch noch Verständnis äußern, widern mich an und sollten sich mal die Nachwirkungen der Beschneideung, die zum Kölner Urteil geführt hat vor Augen halten.

  • B
    Blacky

    "Daraus geht hervor, dass bei Beachtung der ärztlichen Sorgfaltspflicht der Ritus in Berlin weiterhin erlaubt ist."

     

    Ich bezweifle, daß man einen medizinisch nicht notwendigen Eingriff an einem 8 Tage alten Säugling mit "ärztlicher Sorgfaltspflicht" unter einen Hut bringen kann, bin aber gespannt auf die notwendigen juristischen Verrenkungen (sowie deren Einkassieren durch das BVerfG).

  • PS
    Peter Spieß

    Von Natur aus steht das Recht auf körperliche Unversehrtheit über der Religionsfreiheit. Und da wir uns hier im Bereich der Menschenrechte befinden, interessiert allein die normative Grundlage - positivistische Gesetze sind dabei nicht von Belang (man kann nicht einfach per Gesetz die Menschenrechte aushebeln, denn das wäre dann selbst ein Verstoß gegen selbige). Punkt. Das hätte der olle Aristoteles vor 2300 Jahren auch nicht anders gesehen.

    Diese ganze Debatte zeigt also v. a., dass 2300 Jahre zwar eine lange Zeit sind, aber noch immer nicht genug waren, um für die breite Anerkennung von Vernunft und gesundem Menschenverstand zu sorgen - stattdessen wird weiterhin mit Pseudo-Argumenten herumfabuliert...

  • AG
    Anton Gorodezky

    Als ob "Wir machen das seit Jahrtausenden!" ein gutes Argument wäre. Darf man jetzt auch wieder seine Kinder verprügeln, wenn sie nicht artig sind?

     

    Lasst die Kinder 18 werden und selbst entscheiden.

  • A
    Agnostiker

    Immer wenn ich die Argumentation von "jahrtausende alte Tradition" höre beschleicht mich der spontane Wunsch nach Frankreich auszuwandern! Auch die Verbrennung von Ketzern und die Steinigung von Ehebrecherinnen sind religiöse Traditionen. Eine Körperverletzung bleibt eine Körperverletzung egal ob diese auf Traditionen begründet wird. An den Rahmen unserer Gesetze haben sich Juden, Christen, Muslime ect. ect. verdammt noch mal zu halten.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Kölner Urteil daf weiterhin keinen Bestand haben

    Muslime und Juden muss erlaubt sein,ihre Religiosität unbehindertz in einem Rechtsstaat ausüben zu dürfen.

    Die Beschneidung gehört zu Muslmen und zum Judentum dazu.Diesem ist in vollem Umfang Rechnung zu tragen.

  • D
    dop

    da zeigt sich das dieser staat keineswegs säkular ist. das beginnt bei kruzifixen in öffentlichen gebäuden, der eintreibung der kirchensteuer durch den staat, tanzverbote an christlichen feiertagen und findet sein höhepunkt bei der staatlich genehmigten verstümmelung von babies und kleinen kindern. aber mit dem finger ständig auf andere zeigen, das kann man recht gut, PFUI!

  • H
    Hans

    Verstümmelungen von Kindern, ohne auch nur darüber nachzudenken ob das Einverständnis der Kinder vonnöten sein könnte, sind barbarisch. Die Duldung dieser schmerzhaften Vergewaltigung ist grausam, passt aber in das Weltbild der CDU, die auch nicht wollte, dass das Verprügeln von Kindern sanktioniert wird.