Religiöse Feste: Aufgeblasener Glaubenskampf

Friedrichshain-Kreuzberg verbietet Ramadan- und Weihnachtsfeiern – behaupten Boulevardpresse, Religionsvertreter und die CDU. So ganz stimmt das nicht.

Drinnen beim Fastenbrechen Suppe zu löffeln ist okay. Draußen wird es schon schwieriger. Bild: dpa

Berlin hat einen neuen Aufreger – der Boulevardpresse sei Dank. „Kreuzberg verbietet Weihnachten“, schlagzeilte am Freitag die B. Z., „Feierverbot für Moslems und Christen“, titelte der Berliner Kurier: Das Bezirksamt lasse religiöse Feste im öffentlichen Raum nicht mehr zu. Erwartungsgemäß reagierten Christen und Muslime empört.

Alles ganz anders, versicherte der zuständige Ordnungsstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Peter Beckers (SPD), am Freitag der taz. Keiner Religion solle das Feiern verboten werden. „Es geht nur darum, ein Verfahren zu finden, dass niemanden benachteiligt“.

Der Hintergrund: Rund 150 Straßenfeste werden im Jahr im Bezirk angemeldet. Und es würden immer mehr, sagt Beckers. Das liege auch daran, dass es unter Muslimen den Trend gebe, im Ramadan gemeinsam im Freien zu feiern. Erstmals beantragt habe das 2007 die Islamische Föderation. 300 Muslime hätten vier Wochen auf einem öffentlichen Platz das abendliche Fastenbrechen feiern wollen. „Nicht praktikabel“, findet Beckers. Außerdem gehe es um Gleichbehandlung: „Wir wollen keine Selbstdarstellung von Religiösität in der Öffentlichkeit befördern.“

Das Ordnungsamt lehnt solche Anträge also ab. Bislang sei es aber im Dialog mit den Antragstellern immer gelungen, Alternativen auf Privatgrundstücken zu finden. Das Ramadanfest, das das Quartiersmanagement auf dem Mehringplatz veranstalten wollte, habe man erst genehmigt, als dieses „inhaltlich zum Sommerfest für alle Anwohner umgestaltet“ worden sei.

Laut Becker plant das Bezirksamt, Straßenfeste auf einem noch zu bestimmenden Festplatz zu bündeln. Eine Jury solle über die Vergabe entscheiden. Gruppen jedwelcher Religion könnten sich bewerben. Chancen auf Bewilligung habe aber nur, wer folgende Kriterien einhalte: „Das Fest muss transparent sein, offen für alle und dem Zusammenleben dienen“. Und das alles mit viel Bürgerbeteiligung und möglichst wenig Kommerz.

Die Stimmung ist trotzdem vergiftet: „Ich bin fassunglos, wie Religionen plötzlich diskriminiert werden“, kommentierte der evangelische Superintendent Bertold Höcker die Berichte. Der Sprecher des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg (TBB), Mustafa Doğanay, pflichtete bei: „Ein Unding, was das Bezirksamt da macht.“ Und der Kreuzberger CDU-Abgeordnte Kurt Wansner kündigte an, man werde die „grüne Diktatur nicht länger hinnehmen“.

Die Auseinandersetzung erinnert an die Debatte um die Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksmedaille. Anfang des Jahres hatte die BVV beschlossen, die Ehrung nicht an Menschen zu verleihen, weil sie sich um ihre Religion verdient gemacht haben. CDU und evangelischer Kirche protestierten.

Die Vorsitzende der BVV, Kristine Jaath (Grüne), stellte daraufhin klar, selbstverständlich könnten religiöse Menschen geehrt werden – wenn sie sich ehrenamtlich um das Gemeinwohl der Bürger des Bezirks verdient gemacht hätten.

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