Reisefreiheit für Asylbewerber: "Kein Handlungsbedarf"
Eine Abschaffung der Residenzpflicht für Asylbewerber ist derzeit nicht in Sicht, es fehlen die politischen Mehrheiten. Brandenburg strebt aber eine Lockerungen an.
BERLIN taz | Die Residenzpflicht für Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge wird fürs Erste bestehen bleiben, weil es keine politischen Mehrheiten auf Bundesebene zu deren Abschaffung gibt. Brandenburg strebt aber eine Lockerung der Residenzpflicht an. "Für eine bundesweite Abschaffung existieren derzeit nicht die erforderlichen politischen Mehrheiten", resümiert Ingo Decker, der Sprecher des SPD-geführten Brandenburger Innenministeriums.
Residenzpflicht heißt, ein Asylbewerber darf seinen Landkreis nur verlassen, wenn die Ausländerbehörde ihm das auf Antrag erlaubt. Sonst macht er sich strafbar. Auf der Innenministerkonferenz in der vergangenen Woche in Hamburg hatte das Bundesinnenministerium verkündet, dass lediglich der politische Wille besteht, die Residenzpflicht nur für solche Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge zu lockern, die in einem anderen Landkreis einen Job gefunden haben. Die südlichen Bundesländer sahen keinen weiteren Handlungsbedarf. "Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen sowie aus den an sie angrenzenden Bundesländern haben hingegen in Hamburg illustriert, dass bei ihnen dringender Handlungsbedarf besteht", sagt Stefan Paris, Sprecher vom Bundesinnenministerium.
Doch Brandenburg ist damit nicht zufrieden. "Das Vorhaben wird der politischen Zielstellung Brandenburgs nicht gerecht, noch in diesem Jahr eine durchgehende Neuregelung der Residenzpflicht für Asylbewerber und geduldete Ausländer zu erreichen", sagt Decker.
Die rot-rote Landesregierung in Potsdam will jetzt bundespolitisch aktiv werden. "Wir bereiten jetzt eine Bundesratsinitiative vor und streben ein gemeinsames Vorgehen mit Berlin an", sagt Decker. "Ziel sind Erweiterungen der Kompetenzen für die Länder im Asylverfahrensgesetz und im Aufenthaltsgesetz." Die Länder sollen mit einem benachbarten Bundesland eine Vereinbarung treffen dürfen, Asylbewerbern und Geduldeten zu erlauben, ohne Behördenerlaubnis ins Nachbarbundesland zu reisen.
Auf Länderebene will Brandenburg in Kürze seinen eigenen Asylbewerbern erlauben, sich im ganzen Land und nicht lediglich im Landkreis zu bewegen. Darüber hinaus ist ein Erlass in Arbeit, Asylbewerbern Reisen nach Berlin zu gestatten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“