Reisebericht Georgien-Armenien-Baku 2019: Auftakt in Baku

Carola Becker berichtet über die ersten Tage der taz-Reise in den Kaukasus, die 2019 in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku begann.

Baku am Kaspischen Meer - Panoramablick auf die aserbaidschanische Hauptstadt Bild: Gaby Coldewey

Dienstag, 17. September 2019

Strahlender Sonnenschein begrüßt mich am Morgen. Da das Azcot-Hotel an einer verkehrsberuhigten Straße liegt, ist der Verkehrslärm nur sehr leise von Ferne wahrnehmbar. Wir sind mitten in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan. Der süße Duft einer orientalischen Bäckerei zieht durchs Fenster herein.

Die Nacht war sehr kurz und mein Geist so wach, dass mir scheint, ich hätte kaum geschlafen. Das könnte an dem Azercay, einem aserbaidschanischen Tee, liegen, den ich nach der Ankunft am frühen Morgen noch getrunken habe.

Gestern Nachmittag sind wir mit der Ukraine International Airline zunächst nach Kiew geflogen. Von dort geht es noch einmal etwas mehr als drei Stunden weiter bis Baku. Es ist schon dunkel, so dass ich nichts von der Reiseroute mitbekomme. Irgendwie müssen wir aber über den Kaukasus geflogen sein. 1:15 Uhr dann die Landung. Schon die ungewöhnliche Architektur des Flughafengebäudes lässt die Spannung auf die angekündigten modernistischen Gebäude in der Stadt steigen.

Nach einer kurzen Begrüßung aller Mitreisenden durch Barbara Oertel, unsere Reiseleiterin von der taz, fahren wir noch etwa eine halbe Stunde in die Innenstadt zum Hotel. Nach einem wirklich leckeren orientalischen Frühstück machen wir uns auf den Weg durch die Stadt.

Im Stadtzentrum von Baku Bild: Carola Becker

Baku ist uns als ein Zentrum der Erdölindustrie bekannt. Dieser Reichtum prägte lange Zeit die Stadt. Unser Reiseführer zeigt uns viele prächtige Gebäude, die von "Ölbaronen" bewohnt und bereits im 19. Jahrhundert von bekannten deutschen Architekten errichtet wurden. So gründeten hier 1873 die Brüder Nobel die erste Petroleum-Company, die lange Jahre führend am Weltmarkt war.

Bevor im 7. Jahrhundert die Araber den muslimischen Glauben nach Persien und Aserbaidschan (damals Teil des persischen Reiches) brachten, hingen die Menschen dem zoroastrischen Glauben an und nutzen das natürlich an die Erdoberfläche sprudelnde Erdöl für ihre ewigen Feuer. Heute sind 98% der Aserbaidschaner schiitische Muslime. Durch die lange Sowjetgeschichte spielt der Glaube jedoch keine besonders starke Rolle. Die Frauen gehen in kurzen Röcken und ohne Kopftuch und auch Alkohol wird offen verkauft.

Im alten Stadtkern, der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt und dessen Stadtmauer aus dem 12. Jahrhundert stammt, gibt es unzählige historische Bauten, wunderbar restauriert oder gerade noch im Umbau, die vor allem durch Einflüsse aus den Zeiten der persischen und osmanischen Herrschaft geprägt sind.

Innenansicht einer ehemaligen Karawanserei - heute zu einem modernen Hotel umgebaut Bild: Stefan Hessel

Da Baku Teil der alten Seidenstraße war, sind einige Karawansereien erhalten, die heute als Restaurant oder Hotel betrieben werden. Interessant ist auch der Jungfrauenturm, um den sich viele Legenden ranken, die Wissenschaft viele Theorien entworfen hat. Aber bis heute weiß niemand genau, zu welchem Zwecke er erbaut wurde.

Neben einigen typischen Bauten aus der Stalinzeit im Zuckerbäckerstil (ich musste manchmal an die Boulevards in Bukarest denken) schmückten die beiden letzten Präsidenten der Alijew-Familie die Stadt mit architektonisch ausgefallenen modernistischen Palästen, entworfen von westlichen Star-Architekten. Am bekanntesten sind die Flame-Towers, die nachts mit Lichtspielen in den aserbaidschanischen Nationalfarben und als Flammenimitationen beleuchtet werden sowie das Heydar Aliyev Center, ein großer Kulturpalast von der Stararchitektin Zaha Hadid.

Grabplatten zur Erinnerung an die 1990 Erschossenen Bild: Stefan Hessel

Der Stadtrundgang endet schließlich im Highland Park, einem Mausoleum für die im Kampf für die Unabhängigkeit Aserbaidschans Gefallenen. Während einer Demonstration am 20. Januar 1990 wurden 98 Männer und Frauen von Regierungstruppen erschossen. Auf den Ausläufern des kleinen Kaukasus oberhalb der Stadt wurden sie bestattet und mit einer ewigen Flamme geehrt.

Wir machen uns nun auf den Weg, Arif Hajily, den Vorsitzenden der Musavat-Partei zu treffen. Musavat war in der Unabhängigkeitsbewegung seit 1988 sehr aktiv. Zunächst kam sie nach den ersten demokratischen Wahlen nach der Unabhängigkeit für ein Jahr an die Regierung, wurde dann aber 1993 von der Alijew-Familie abgelöst. Ihre zentralen Forderungen sind demokratische Wahlen, Meinungs- und Versammlungsfreiheit und prinzipiell die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie ist sowohl antirussisch als auch anti-iranisch, da grundsätzlich für eine Vereinigung mit Süd-Aserbaidschan, einer Provinz im Norden des Iran.

Nach einer kurzen Erfrischung im Hotel geht es dann in ein Restaurant zu einem typisch aserbaidschanischen Abendessen. Danach genießen wir noch die frische Luft und die schöne Atmosphäre an der Strandpromenade zum Kaspischen Meer.

Imposanter Anblick - die nachts beleuchteten Flame Towers in Aserbaidschans Hauptstadt Bild: Carola Becker

Mittwoch, 18. September 2019

Heute stehen zrei Begegnungen auf dem Programm. Zuerst bringt uns der Busfahrer zu einem Treffen mit Elesger Mammadli, einem Juristen und Experten für Medienrecht und Ex-Direktor von IREX, einer US-amerikanischen NGO in Aserbaidschan.

Nach einem Mittagsimbiss in einem kleinen Restaurant in einem der vielen, schönen Parks in Baku geht es weiter zum Büro der Partei der republikanischen Alternative. Hier treffen wir uns mit Ilja Mammadov, dem Parteivorsitzenden dieser nicht registrierten Partei. Seine Partei gehört ganz klar zu den Gegnern eines Wahlboykotts.

Der Jungfrauenturm im Zentrum der Altstadt Bild: Carola Becker

Am Nachmittag ist Zeit für einen entspannten Stadtbummel. Wir besichtigen den Jungfrauenturm und flanieren durch den Palast Shirvanshas.

Donnerstag, 19. September 2019

Nach dem Frühstück besucht uns Chadija, eine investigative Journalistin, im Hotel. Ihre persönliche Geschichte ist sehr berührend. Mittags fahren wir dann in das Büro des Frauenbündnisses für Rationale Entwicklung. Zuerst treffen wir dort Nijat Gozalov, den Leiter des National Law House. Er ist Jurist und Pädagoge und engagiert sich insbesondere für Frauenrechte. Am Nachmittag stößt dann die Leiterin des Frauenbündnisses, Shahla Ismayil, zu uns.

Abends gibt es wieder ein sehr leckeres Abendessen in einem schönen Restaurant in der Altstadt. Begleitet von Livemusik auf traditionellen Instrumenten genießen wir die Köstlichkeiten der aserbaidschanischen Küche.

(Die Reise ging noch weiter! Von Baku aus zunächst nach Kutaisi und Tbilissi in Georgien, anschließend in die armenische Hauptstadt Jerevan)

Straßenszene in der Altstadt von Baku Bild: Carola Becker