Reinickendorfer Bezirkschefin tritt zurück: Bürgermeisterin will nicht mehr

14 Jahre war Marlies Wanjura (CDU) Bürgermeisterin in Reinickendorf, jetzt wirft sie entnervt hin. Baustadtrat gilt als möglicher Nachfolger.

Die Reinickendorfer CDU trauert: Wanjura eroberte mehrmals absolute Mehrheiten Bild: REUTERS

Berlins dienstälteste Bezirksbürgermeisterin hat genug: Reinickendorfs Bezirkschefin Marlies Wanjura (CDU) verkündete am Wochenende ihren Rücktritt - sie bat die Senatskanzlei, vorzeitig in den Ruhestand versetzt zu werden. Die 64-Jährige klagte über "politisches Mobbing" und "zermürbende parteipolitische Auseinandersetzungen um meine Person". Dies habe ihr auch gesundheitlich zugesetzt, so Wanjura zur taz. In den vergangenen Wochen war die Bürgermeisterin krankgeschrieben.

"Meine Ärzte haben mir geraten, Schluss zu machen", so Wanjura. Immer wieder seien gezielt Falschinformationen über ihre Person gestreut worden. Der Reinickendorfer CDU-Chef Frank Steffel verteidigte Wanjura: "Ihr hat Reinickendorf eine seiner erfolgreichsten Epochen zu verdanken." Auch FDP und Grüne im Bezirk lobten Wanjura als "verdiente Bürgermeisterin". "Das ist kein Abschied, wie ihn Frau Wanjura verdient hätte", so Anke Petters, Grünen-Kreisvorsitzende. Der SPD-Kreischef und Vizebürgermeister Peter Senftleben lobte Wanjuras Verdienste um Investorenfreundlichkeit. "Jetzt bietet sich aber auch die Möglichkeit eines notwendigen politischen Neuanfangs", so Senftleben.

Seit 1995 konnte Wanjura in Reinickendorf beinah autokratisch schalten und walten. Wiederholt holte sie für die CDU absolute Mehrheiten, ihr Bezirk erwirtschaftete in Berlin die höchsten Rücklagen. Zuletzt jedoch sank Wanjuras Stern: Bei der Finanzierung des Tegeler Borsig-Hafens kreidete ihr der Landesrechnungshof "schwerwiegende haushaltsrechtliche Verstöße" an. Auch ihr Umgang mit Spendengeldern stand in der Kritik. Zuletzt brachte sie die Bezirksverordnetenversammlung gegen sich auf, weil sie sich als einzige Berliner Bürgermeisterin weigerte, am Christopher Street Day im Juni eine Regenbogenfahne am Rathaus zu hissen.

Im Bezirk war deshalb am Montag auch Erleichterung zu vernehmen: Das Bunkern von Informationen im Rathaus und die zuletzt "kleinkarierte politische Kultur" hätten nun hoffentlich ein Ende. "Die Ära der CDU in Reinickendorf ist mit dem Rücktritt vorbei. Und das ist auch gut so", hieß es aus der SPD.

Noch am Montagabend wollte sich der erweiterte CDU-Kreisvorstand treffen, um die Nachfolge Wanjuras zu klären. "Ich hoffe auf einen schnellen und einvernehmlichen Beschluss", so Kreischef Steffel. Als Favorit gilt Baustadtrat Frank Balzer (CDU). Die Christdemokraten übertrugen ihm bereits in der vergangenen Woche das bisher bei Wanjura angesiedelte Finanzressort. Steffel bezeichnete Balzer als "einen erfahrenen und geeigneten Mann". Intern sei aber noch keine Entscheidung gefallen. Die SPD geht von Balzers Nominierung aus. Frank Steffel versicherte, dass der Bezirk auch in der derzeitigen Übergangszeit "voll handlungsfähig" sei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.