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Reigen der Staatschefs bei der UNO

■ Sicherheitsratsgipfel in New York/ Allgemeinplätze zur Demokratie und Rüstungskontrolle

New York/Berlin (ap/dpa/taz) — In New York hat gestern nachmittag unter Vorsitz des britischen Premierministers John Major das Gipfeltreffen der 15 UNO-Sicherheitsratsmitglieder auf Staats- und Regierungschefebene begonnen, das sich mit der „Aufrechterhaltung des internationalen Friedens“ beschäftigen soll. Es ist das erste derart hochrangige Treffen seit 1945. Aus tagelangen heftigen Diskussionen war zuvor ein Schlußdokument hervorgegangen, das nahezu alle strittigen Fragen ausklammert. Von den ursprünglich vorgesehenen deutlichen Erklärungen zu Fragen der Demokratie und der internationalen Rolle der UNO— gewünscht vor allem von Frankreich, Österreich und Belgien — bleiben aufgrund des Widerstandes von China, Indien und Simbabwe nur vage Hinweise auf die Wichtigkeit von Demokratie und der Respektierung von Menschenrechten. Im Gegenzug haben die Staaten der Dritten Welt offenbar darauf verzichtet, explizit auf eine Reform des UNO- Sicherheitsrates im Sinne einer Aufnahme neuer ständiger Mitglieder zu drängen. Trotzdem wurde gestern spekuliert, Japans Premierminister Miyazawa könnte seinen Auftritt nutzen, um noch einmal den japanischen Anspruch auf einen ständigen Ratssitz anzumahnen.

Im Bereich der Weiterverbreitung von Atomwaffen hatte es ebenfalls Widerstand von China und Indien gegen europäische Vorschläge gegeben, der UNO konkrete Kompetenzen zu gewähren. So spricht das Abschlußdokument jetzt nur noch von „angemessenen Maßnahmen“ der Ratsmitglieder im Falle von Verletzungen des Atomwaffensperrvertrages.

Der erlauchte Rahmen bietet den anwesenden Staatsmännern eine große Profilierungschance. John Major hofft, im Vorfeld der bis Juli fälligen britischen Parlamentswahlen sein Image als „graue Maus“ aufzubessern. Chinas Premierminister Li Peng, der heute mit George Bush zusammentreffen will, will die Rückkehr seines Landes zur internationalen Respektabilität besiegeln. Für Rußlands Präsidenten Boris Jelzin, der gerade von einem Staatsbesuch in London eintrifft, ist es der bisher wichtigste internationale Auftritt: Er hat angekündigt, weitere Abrüstungsschritte anzumahnen, und wird darüber heute auch mit George Bush sprechen. Im Gegenzug wird Bush in seiner Rede der GUS eine „aktive Rolle in der Weltgemeinschaft“ wünschen und damit Rußland im Streit mit den anderen Ex- Sowjetrepubliken den Rücken stärken. Sogar der Präsident des kleinsten Landes, Carlos Veira von den Kapverden, wird die Wichtigkeit der Demokratisierung in der Dritten Welt betonen.

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