piwik no script img

Regulierung der FinanzmärkteRegeln für schnellen Computerhandel

Der Hochfrequenzhandel ist riskant. Er soll Kursauschläge verstärken und im Krisenfall die Finanzmärkte destabilisieren. Die FDP legt einen Plan vor, um ihn irgendwie zu retten.

Der Sekundenhandel hat den Ruf, Kursauschläge zu verstärken. Bild: dapd

BERLIN taz | Der superschnelle und superriskante Aktienhandel per Computer ist Politikern seit längerem ein Dorn im Auge. Jetzt legt die FDP einen Plan vor, den so genannten Hochfrequenzhandel wenigstens ein bisschen zu bremsen. Die Börsenaufsicht soll demnach Einblick in die von den Händlern verwendeten Rechenverfahren erhalten – und bei einem drohenden Crash den Handel aussetzen können. „Wir dringen auf eine nationale Lösung und wollen nicht warten“, sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP, Volker Wissing, der Financial Times Deutschland.

Ende Juni wolle die Koalition ein Eckpunktepapier vorlegen, ein Gesetzentwurf soll im Herbst folgen. Der Hochfrequenzhandel hat den Ruf, Kursausschläge zu verstärken und so im Krisenfall zur Destabilisierung der Finanzmärkte beizutragen. Mit riesigen Beträgen setzen Computerprogramme vollautomatisch auf winzigste Kursveränderungen und können diese dadurch potenzieren.

Oft nutzen sie dabei zeitliche Informationsvorsprünge im Millisekundenbereich und stoßen die Aktien nach einem kleinen Kursgewinn sofort wieder ab – daher auch die Bezeichnung Sekundenhandel.

Lob von der Börse

Die verwendeten mathematischen Algorithmen sind bislang ein streng gehütetes Geschäftsgeheimnis der Händler. Im Mai 2010 war es an der Wall Street zum Beispiel zu einem kleinen Crash gekommen, für den es keine erkennbaren sachlichen Gründe gab. Die Börsen können dem Vorschlag durchaus Positives abgewinnen. „Alles, was die Behauptung, dass Hochfrequenzhandel per se schlecht ist, auf eine sachliche Debatte zurückführt, ist gut“, so die Begründung des Cheflobbyisten der Deutschen Börse, Stefan Mai.

Wofür dieser Handel gut sein soll, erklärte er allerdings nicht. Ein weiterer Grund für die Begeisterung dürfte sein, dass der FDP-Vorstoß als Alternative zur Finanztransaktionsteuer gesehen werden kann – die von der Partei strikt abgelehnt wird. Diese Steuer auf alle Wertpapierumsätze macht nämlich den Hochfrequenzhandel unattraktiv. Die winzigen Kursgewinne rechnen sich nicht mehr, wenn davon eine Steuer abgeht.

Die EU hat allerdings entsprechende Pläne mangels Einigkeit auf Eis gelegt. Gleichwohl wird der deutsche Vorstoß in Brüssel nicht für Freude sorgen. Die EU arbeitet selbst an einer Reform ihrer Finanzmarktrichtlinie, die auch Regeln für den Hochfrequenzhandel beinhalten soll. Normalerweise wird dann von den Mitgliedstaaten erwartet, nicht alleine vorzupreschen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • G
    gustav

    Die FDP hat nur einen großen Vorteil,

    sie ist gegen Quoten und setzt sich gegen

    die Ausforschung der informationellen

    Privatssphäre des Verbrauchers ein.

     

    Nahezu jeder andere Vorstoss ist einfach nur zum kotzen!

    Entweder handelt es sich, um populistische

    Anbiederei durch Ausgabenkürzungen, wo

    baldiger Mangel und Engpässe vorprogrammiert sind

    oder um Klientelpolitik, die aber überproportional

    zu Lasten der anderen Marktteilnehmer gehen.

     

    Der Hochfrequenzhandel ist ebenso wie

    die Schattenbankensystemwelt im Risikofall

    vor allem für die Allgemeinheit ein

    ernsthaftes Armutsrisiko und die Teilhabe

    absolut außerdemokratisch und durch physikalische

    und technische Parameter der Leitungsübertragung

    unfair verteilt.

    Der erwirtschaftete Wohlstand dieser Unternehmungen

    ist ebenso wenig durch eine gleichberechtigte Chance an Teilhabe gedeckt.

    Hier wurde ganz klar eine außerdemokratische

    Handelsplattform in Konkurrenz vom Menschen

    dominierten Normalgeschäft ausgeführt.

    Die Zahl der wohlständigen Spekulanten sinkt damit

    und deren durchaus gewünschter Verbrauch

    luxuriöser Ressourcen entfällt, weshalb ganze

    Industriezweige ernsthaft bedroht sind.

    Die Antinormalverteilung wird über den Hochfrequenzhandel nun auch in den reichen

    Schichten voll zuschlagen. Und wenn immer weniger

    demokratisch verteilte Reiche noch da sind

    und nur wenige Superreiche, dann war es das mit

    der Demokratie. Dann sind wieder feudale oder

    kommunistische

    Zeiten angesagt. Demokratie braucht weit verteilten

    Wohlstand-zwingend. Weg mit den Hochfrequenzhandel.