: Reglementierter Himmel
■ Verhandlungen über ein neues Luftverkehrsabkommen zwischen Deutschland und den USA stehen vor dem Abschluß
Washington/Bonn (AP/dpa) – Die Verhandlungen zwischen Deutschland und den USA über ein neues Luftverkehrsabkommen befanden sich nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums gestern in einer schwierigen letzten Phase. Sprecher Veit Steinle erklärte in Bonn, die Gespräche in Washington sollten abgeschlossen werden, es sei aber dahingestellt, ob eine Vereinbarung erreicht oder das bisher geltende Abkommen aus dem Jahr 1955 gekündigt werde. Dann müßten Atlantikflüge ab Herbst 1994 einzeln genehmigt werden.
Amerikanische Regierungskreise hatten am Donnerstag verlauten lassen, Deutschland und die USA hätten sich auf die Grundzüge des neuen Luftverkehrsabkommens geeinigt. Steinle wollte auf Einzelheiten der Verhandlungen nicht eingehen. Nach den amerikanischen Angaben soll die Zahl der von US-Gesellschaften angebotenen Flugverbindungen zwischen beiden Staaten zwei Jahre lang auf dem gegenwärtigen Stand eingefroren werden. Anschließend ist für weitere zwei Jahre eine begrenzte Ausweitung vorgesehen, ehe für die Zeit nach 1998 ein Vertrag nach dem Prinzip des „offenen Himmels“, also eine völlige Liberalisierung, angestrebt wird.
Nach dem neuen Abkommen solle eine Übergangsvereinbarung vom November 1992, die am 31. Oktober dieses Jahres ausläuft, weitergelten, hieß es in Washington. Demnach sind den amerikanischen Fluglinien im Sommer 262 Deutschland-Flüge in der Woche und im Winterhalbjahr 253 erlaubt. Im dritten und im vierten Jahr solle diese Flugfrequenz um jeweils 14 Verbindungen wöchentlich erhöht werden. Im Gegenzug erhalte die Lufthansa das Recht, statt bisher 13 Flughäfen in den USA nunmehr 25 anzufliegen.
Daneben werde es der deutschen Gesellschaft freigestellt, sich für weitere Transatlantikverbindungen an ein amerikanisches Partnerunternehmen zu binden, erklärten die amerikanischen Regierungskreise. Entsprechende Vereinbarungen haben bereits die niederländische Gesellschaft KLM (mit Northwest Airlines) und die British Airways (mit USAir) getroffen. Bis Anfang der 80er Jahre hatte die Lufthansa noch einen Marktanteil von 50 Prozent im Flugverkehr zwischen Deutschland und den USA, aufgrund der verstärkten Konkurrenz bei Atlantikflügen ist dieser Anteil bis zum Sommer dieses Jahres auf 30 Prozent zurückgegangen.
Die Delegation des Bundesverkehrsministeriums hatte für eine Neuregelung zunächst eine Frist bis zum 15. September gesetzt, die Verhandlungen dann aber verlängert. Diese Vereinbarung bleibe hinter den Erwartungen der amerikanischen Fluganbieter zurück. Ein Vertreter der Washingtoner Regierung sagte jedoch, damit stünden den US-Gesellschaften „alle Möglichkeiten offen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen