Regierungswechsel in Grönland: Egede ist jüngster Landeschef
Der 34-jährige Múte Bourup Egede regiert nun die größte Insel der Welt. Seine sozialistische IA hatte sich gegen umstrittene Bergbaupläne gestellt.
Viele Beobachter stehen dem neuen Naalakkersuisut Siulittaasuat, so lautet der offizielle Titel des grönländischen Regierungschefs, wohlgesinnt gegenüber. Als 26-jähriger Student wurde Egede 2013 zum Vorsitzenden der Jugendorganisation der sozialistischen Partei Inuit Ataqatigiit (IA) gewählt.
2014 kommt er bei den Wahlen zwar nur als Nachrücker ins Parlament, ist aber in der damaligen sozialdemokratisch-sozialistischen Regierungskoalition mit zwei wichtigen Ministerien betraut. Im Rohstoff- und dem Infrastrukturministerium kann er sich politisch profilieren und wird mit 31 Jahren von seiner Partei zum Vorsitzenden gewählt. Nun machte er bei der Wahl Anfang April mit einem Erdrutschsieg die IA zur stärksten Kraft des Landes.
„Als ich in die Politik ging, war mein Gedanke, dass es jüngerer Kräfte mit Mut und Handlungskraft bedarf“ – so hatte Egede sich 2018 für den Vorsitz seiner Partei beworben, deren Namen man mit „Volksgemeinschaft“ übersetzen kann. Er will Zusammenarbeit statt Konfrontation, sowohl in der grönländischen Innenpolitik wie im Verhältnis zu Dänemark, von dem Grönland weiterhin abhängt. Für die Unabhängigkeit bedürfe es realistischer gesellschaftlicher und ökonomischer Voraussetzungen und keiner Illusionen, sagte Egede damals.
Aus für umstrittenen Bergbau
Aufgewachsen ist er im südgrönländischen Narsaq, der Region, in der der umstrittene Uran- und Seltene-Erden-Bergbau geplant war. Diesem Vorhaben erklärt das Koalitionsabkommen zwischen IA und der sozialliberalen Naleraq nun das Aus.
Schon als Dreijähriger habe sich Múte für Politik interessiert, erzählt seine Mutter Ellen. 2008 begann er an der Universität in Nuuk ein Kultur- und Sozialgeschichtsstudium. Abgeschlossen hat er es nicht: Nach einer Erkrankung seines Vaters übernahm er die Leitung des Familienbetriebs, einer Saatgutfirma. Mit seiner Partnerin Tina Chemnitz hat Egede zwei Kinder.
Eine erste Maßnahme der neuen Regierung werde der bislang noch nicht vollzogene Beitritt Grönlands zum Pariser Klimaabkommen sein, kündigte der neue Premier an. Der Fischfang soll nachhaltiger und das Sozialsystem soll gestärkt werden.
Egede will einen Einsatz gegen die verbreitete Mobbingkultur in der grönländischen Politik, die auch dazu geführt hatte, dass Sara Olsvig, seine Vorgängerin im Parteivorsitz, ihr Amt hingeworfen hatte. Und Bergbauaktivitäten, bei denen radioaktive Materialien freigesetzt würden, sollen in Grönland grundsätzlich verboten werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern