Regierungskrise in Israel: Netanjahu kündigt Neuwahlen an
Zum „Wohle des Staates“ will Israels Ministerpräsident Netanjahu die Wahlen vorziehen. Auslöser ist ein Haushaltsentwurf. Aber es gibt noch andere Gründe.
JERUSALEM taz | Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu will sich Anfang kommenden Jahres in seinem Amt bestätigen lassen. „Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass es nicht möglich ist, den Staatshaushalt zu verabschieden“, begründete Netanjahu am Dienstagabend die vorgezogenen Neuwahlen.
Angesichts der bevorstehenden Herausforderungen „Wirtschaft und Sicherheit“ sowie allen voran die Bedrohung durch einen möglichen Atomstaat Iran habe er sich dazu entschlossen, „die nationalen Interessen über alles andere zu stellen“. Der politische Beobachter Ben Kaspit konterte in der Zeitung Maariv, „nicht der Haushalt und nicht Iran“ seien Grund für die vorgezogenen Neuwahlen, sondern Ehud Olmert.
Der Exregierungschef, der einst über den Vorwurf stürzte, Geld aus der Hand eines amerikanischen Geschäftsmanns kassiert zu haben, sei der Einzige, der Netanjahu Paroli bieten könne. Zwar entlasteten die Richter den früheren Kadima-Chef vom Vorwurf der Korruption, offen bleibt ein mögliches Revisionsverfahren und ein weiterer Prozess, der seine Rolle als Bürgermeister von Jerusalem bei einem umstrittenen Bauprojekt untersucht.
Formal stehen Olmert deshalb trotzdem keine Hindernisse für eine Kandidatur im Weg. Er hätte sich Wahlen erst im Herbst 2013 gewünscht, wie es ursprünglich geplant war. Bis dahin, so hoffte er, würde er von den letzten Vorwürfen reingewaschen sein.
Fehler der Opposition
Dass Netanjahu die Wahlen gewinnen wird, ergibt sich aus dem großen Vorsprung seiner Likud-Partei und dem Fehlen relevanter Gegenkandidaten. Die Kadima, die bei den letzten Wahlen das beste Ergebnis erreichte und dennoch keine Koalition zustande brachte, ist wegen interner Machtkämpfe auf Platz sechs der Wählerpopularität gerutscht.
Doch selbst mit Olmert sind die Ausgangsbedingungen diesmal schlechter für die Kadima. Zum einen legt die Arbeitspartei unter dem Zepter der früheren Hörfunkjournalistin Scheli Jechimowitsch deutlich zu. Zum anderen rechnet der charismatische Jair Lapid, ebenfalls Exjournalist, mit mindestens 22 Mandaten für seine neue Partei „Es gibt eine Zukunft“, was aber illusorisch sein dürfte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen