Regierungsbildung im Libanon: Premier kündigt „Reform und Rettung“ an
Zwei Jahre lang war der Libanon von einem Interimskabinett geführt worden, am Samstag hat Präsident Joseph Aoun die Regierung unter dem neuen Premier Nawaf Salam ins Amt gesetzt. Sie soll das Land aus der Krise bringen.
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Aouns Büro zufolge, ordnete der Präsident die Bildung einer Regierung aus 24 Ministern an. Zudem akzeptierte er demnach den Rücktritt von Übergangsregierungschef Nadschib Mikati, der Mitte Januar in einer Parlamentsabstimmung deutlich gegen Salam unterlegen war. Salam, ein sunnitischer Muslim, war zuvor Präsident des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag. Er gilt bei Unterstützern als unparteiisch. Experten sehen in seiner Wahl eine Schwächung der pro-iranischen Hisbollah-Milz, deren Vertreter auch im Beiruter Parlament sitzen.
Die UNO begrüßte die Regierungsbildung, nachdem der Libanon zuvor mehr als zwei Jahre lang von einem Interimskabinett geführt worden war. „Die heutige Regierungsbildung läutet ein neues und helleres Kapitel für den Libanon ein“, erklärte die UN-Sondergesandte für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert.
Das Land befindet sich seit Jahren in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise, hinzu kam der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah, der nach dem Großangriff der mit der Hisbollah verbündeten radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 wieder eskaliert war.
Im Rahmen des libanesischen Systems der Machtteilung ist der Präsident traditionell ein maronitischer Christ, der Regierungschef ein sunnitischer Muslim und der Parlamentspräsident ein schiitischer Muslim.
Ermittlungen zur Explosion in Beiruts Hafen wieder aufgenommen
Unterdessen hat nach zweijähriger Unterbrechung ein Richter im Libanon die Ermittlungen zur tödlichen Explosion im Hafen von Beirut 2020 wieder aufgenommen. Richter Tarek Bitar befragte am Freitag zwei Hafenarbeiter, wie aus Justiz- und Sicherheitskreisen verlautete. Bei der Explosion von Hunderten Tonnen Ammoniumnitrat in einer Lagerhalle waren damals mindestens 218 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 6.000 wurden verletzt. Weite Teile der libanesischen Hauptstadt wurden verwüstet. Es entstanden Schäden in Milliardenhöhe.
Die Ermittlungen zur Unglücksursache waren jahrelang mit Problemen behaftet. Behördenvertreter, die im Zusammenhang mit der Explosion beschuldigt wurden, warfen Bitar Voreingenommenheit vor. Sie verweigerten eine Aussage und forderten, dass er von den Ermittlungen ausgeschlossen wird. 2023 ordnete der damalige Chefankläger Ghassan Oweidat an, dass 17 Personen aus der Untersuchungshaft entlassen werden, darunter Hafen- und Zollarbeiter. Bitar verurteilte die Entscheidung als illegal.
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