Regierung von Guinea aufgelöst: Das Militär greift durch

Guineas Militärjunta entlässt alle Minister und entzieht ihnen Konten und Reisepässe. In der Hauptstadt wurden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft.

Das Leben in Guinea ist mühselig. Hier explodierte am 18. Dezember 2023 das zentrale Benzindepot der Hauptstadt Conakry Foto: reuters

CONAKRY taz Guineas Militärjunta hat die zivile Regierung des Landes aufgelöst und damit die volatile politische Stimmung weiter verschärft. In einem drastischen Schritt kündigte am späten Montagabend Brigadegeneral Amara Camara, Generalsekretär von Präsident Mamady Doumbouya, die Entlassung von Premierminister Bernard Goumou und die Auflösung des Regierungskabinetts mit sofortiger Wirkung an.

Die bisherigen Minister wurden aufgefordert, ihre Dienstwagen abzugeben und ihre Reisepässe bei der Präsidentschaft einzureichen. Auch ihre Bankkonten sind eingefroren. Sämtliche Dokumente und Dienststempel sind zu hinterlassen.

Bis zur Bildung einer neuen Regierung sollen stellvertretende Minister oder noch niederrangigere Beamte die Geschäfte in den Ministerien führen. General Camara empfing am Dienstag die Kabinettsdirektoren und Generalsekretäre der Ministerien und sprach ihnen im Namen des Präsidenten das Vertrauen zur Weiterführung der Amtsgeschäfte aus.

Guinea wird seit einem Putsch im September 2021 von der Milituärjunta CNRD (Nationalkomitee für Versöhnung und Entwicklung) unter Oberst Mamady Doumouya regiert, dem ehemaligen Kommandanten der guineischen Spezialkräfte. Dem CNRD sind die Ministerien untergeordnet. Der von Doumbouya ernannte zivile Premierminister Goumou war seit Juli 2022 im Amt.

Checkpoints und Patrouillen in der Hauptstadt

Die Auflösung der Regierung war von strengen Sicherheitsmaßnahmen begleitet, insbesondere in der Hauptstadt Conakry. Militärische Checkpoints auf den Straßen und verstärkte Straßenpatrouillen waren sichtbar. Es wurde mit Demonstrationen entweder für oder gegen die Regierungsauflösung gerechnet. Am Montag waren bei Unruhen in einem Viertel der Hauptstadt zwei Oberschüler erschossen worden; ihre Familien machten die Gendarmerie verantwortlich.

Die Junta verkündete auch die Schließung aller Grenzen bis zur vollen Übergabe der Ministerien an das CNRD, wobei der internationale Flughafen von Conakry am Dienstag zunächst geöffnet blieb.

Das drastische Vorgehen der Militärs wird mit der Notwendigkeit begründet, einen „frischen Wind“ walten zu lassen, wie es General Camara ausdrückte. „Das war unvermeidlich“, sagt der politische Aktivist Sekou Diallo in Conakry. „Das Land muss zu 100 Prozent frei vom Einfluss Frankreichs werden und gleichzeitig jeden Verdacht von Korruption in der Führung begraben.“

Alhassane Camara, Studentenführer an der Université Mercure Internationale, sagt, es war klar, dass Guinea jetzt durch eine Phase gehen muss, in der „Marionetten des Westens“ beseitigt werden. „Keine Freiheit kommt ohne Opfer, Blutvergießen oder Kampf. Wir wollen, dass unsere Jugendlichen, Väter und Mütter die Früchte der Freiheit genießen, ohne dass Guinea einem anderen Land gehorchen muss. Ich hoffe dass der Regierungswechsel auch das Ende der Korruption bedeutet, Korruption ist ein Krebsgeschwür, das die Entwicklung behindert.“

Das Militär regiert seit 2021

Der Regierungswechsel ist der spektakulärste politische Schritt seit dem Putsch von September 2021. Damals wurde Guineas gewählter Präsident Alpha Condé vom Militär unter Oberst Doumbouya gestürzt, nachdem er sich zu einer verfassungswidrigen dritten Amtszeit hatte wiederwählen lassen. Der Putsch war zwar ebenfalls verfassungswidrig, wurde aber von den Jüngeren als eine Maßnahme gegen französischen Neokolonialismus begrüßt. Condé hatte unter früheren Militärdiktaturen lange Zeit im französischen Exil gelebt. Militärputsche hatte es zuvor auch im Nachbarland Mali gegeben.

Das Land mit 24 Millionen Einwohnern ist dadurch aber nicht zur Ruhe gekommen. Im November griffen Bewaffnete das Zentralgefängnis in Conakry an und befreiten den früheren Militärdiktator Moussa Dadis Camara, der Guinea von 2008 bis 2010 regierte und wegen eines Massakers an über 150 Demonstranten im Jahr 2009 vor Gericht steht. Dadis wurde wieder eingefangen, aber seine ehemalige rechte Hand Claude Pivi nicht; seitdem tritt der Prozess wegen des Massakers von 2009 auf der Stelle.

Im Dezember gab es Unruhen in Conakry, nachdem das zentrale Treibstoffdepot der Hauptstadt explodiert war, was 24 Menschen das Leben kostete und zu einer Benzinknappheit führte.

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