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Regierung kürzt Etat für RadlerRadfahrwege bleiben Stiefkind

Schwarz-Gelb will die Mittel zum Ausbau von Radwegen drastisch senken. Der Etat für Radwege an Bundesstraßen wird fast halbiert. Die Verbände sind empört.

Bei den Fahrradwegen will die Bundesregierung Millionen einsparen. Bild: dpa

BERLIN taz | Schlechte Nachrichten für Fahrradfreunde: Es gibt immer weniger Geld für Radwege entlang von Bundesfernstraßen. In dem Haushaltsentwurf für 2012, den die schwarz-gelbe Bundesregierung vergangene Woche präsentierte, sind nur noch 60 Millionen Euro dafür vorgesehen.

2010 betrug das Budget noch 100 Millionen Euro. Die Kürzungen gehen mit dem allgemein kleineren Budget des Verkehrshaushalts einher. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) kritisiert sie als "einen Schlag ins Gesicht" für alle Radfahrer in Deutschland.

2002 wurde der erste "Nationale Radverkehrsplan" aufgelegt. Es wurde ein Bund-Länder-Arbeitskreis gegründet. Gleichzeitig standen fortan jährlich 100 Millionen Euro für Radwege an Bundesfernstraßen zur Verfügung. An etwa der Hälfte der Bundesstraßen gibt es Radwege.

"Um den Radverkehr nach vorne zu bringen, brauchen wir aber noch viel mehr Forschung", fordert Wilhelm Hörmann, Verkehrsreferent des ADFC. Und auch die Bevölkerung müsse mehr über die Vorzüge von Radfahren aufgeklärt werden. Die jährlich 2 Millionen Euro, die für diese Aufklärungsarbeit vorgesehen sind, reichten nicht aus.

1,3 Milliarden Euro im Jahr

Der Bau von Radwegen liegt größtenteils in der Verantwortung der Länder und Kommunen. Laut Thomas Böhmer, Radverkehrsexperte an der Technischen Universität Dresden, müsse die Aufgabe des Bundes sein, die aufgeteilten Zuständigkeiten zu vernetzen.

Die Zusammenarbeit sei ein Problem, denn die Kommunen seien bisher wenig kreativ, Fördermittel zu erwerben. Die Richtlinien der Länder seien zudem häufig zu sehr auf den Autoverkehr ausgerichtet. "Dabei wird das Rad vor allem für junge Menschen immer wichtiger", so Böhmer.

Der ADFC fordert, dass der Radverkehr dauerhaft 10 Prozent der gesamten Ausgaben im Verkehrsbereich ausmacht. Diese "Vision" bedeute rund 1,3 Milliarden Euro im Jahr. Damit könnte ein Programm aufgelegt werden, das vor allem die Kommunen unterstützt, fordert Hörmann vom ADFC.

Auch die Grünen im Bundestag kritisieren den Haushaltsentwurf. Sie fordern, dass im kommenden Radverkehrsplan das Ziel formuliert wird, den Radfahranteil auf 20 Prozent zu erhöhen. Derzeit liegt er bei rund 10 Prozent.

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16 Kommentare

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  • A
    Autofreier

    In diesem Land gibt es mehr als genug Straßenfläche. Es müssen i.A. nicht noch Radege dazugebaut werden. Vielmehr ist alles eine Frage der Aufteilung des Straßenraumes. Und für z.B. ein paar Pinselstriche braucht man nicht viel Geld.

  • T
    Toby

    "An etwa der Hälfte der Bundesstraßen gibt es Radwege."

    Man stelle sich die umgekehrte Meldung vor. "An etwa der Hälfte der Bundesradwege gibt es PKW-Wege."

    Lustig? Absurd? Warum eigentlich?

    Das Auto ist und bleibt ein Luxus, dessen Schaden für Klima, Umwelt, Landschaft, Wohn- und Lebensqualität, sowie Verkehrssicherheit in keinem Verhältnis zu seinem Nutzen für die Vielzahl seiner Nutzer steht.

    Die Verkehrspolitik zeigt aber: wir wollen keine Fahrräder. Wir wollen Autos. Wir nehmen alle ihre Nachteile in Kauf, weil uns all das die Bequemlichkeit und die zehn Minuten Zeitersparnis Wert sind.

    Wir wollen auch nicht mehr darauf verzichten, in einem Bundesland urban zu arbeiten und in einem anderen ländlich zu wohnen.

    Wir ignorieren auch den Umstand, daß das nicht immer so war und daß es kein Menschenrecht ist. Dann schon lieber Landschaftsfraß und Staus und Dreck und Lärm und Beton.

    Am Auto enden Maß und Vernunft.

  • KC
    Klöt Chabrol

    @stephan mirwalt

     

    Bei Ihnen grüßt auch täglich das Murmeltier, oder?

  • E
    EuBi

    Wer Radwege sät, wird Autoverkehr ernten.

    Auf Radwegen kann man nicht sicher fahren, weil es keine guten Radwege gibt.

    Das Unfallrisiko außerhalb geschlossener Ortschaften ist für Fahrradfahrer gering.

    Wozu also solche Wege anlegen.

     

    Das Konzept "Shared Space", nämlich die Verkehrsteilnehmer teilen sich den zur Verfügung stehenden Platz, greift auch hier.

     

    Was immer die Motivation für die Kürzung der Mittel ist, es ist eine richtige Entscheidung.

  • RR
    Rainer Rauschenberg

    Auch wenn es sicherlich keineswegs Absicht war: Ich finde gut, daß weniger Radwege gebaut werden, denn Radwege dienen faktisch dazu die Fahrbahnen für den motorisierten Verkehr freizuräumen und sie erhöhen objektiv das Unfallrisiko der Radfahrer anstatt es (wie auch die meisten Radfahrer glauben) zu verringern.

  • F
    Felix

    Es ist immer das selbe. In meiner Stadt heißt es, dass man für Ausbesserungen an Radwegen angeblich kein Geld hätte, keine 5 Minuten später werden aber 12 Millionen für ein neues Parkhaus durchgewunken. Einfach lächerlich.

     

    Gut - dann fahre ich eben auf der Straße und werde dabei die Fahrbahn für mich beanspruchen.

  • V
    vic

    Abwrackpämie, E10. Die Flops dieser Regierung müssen irgendwie kompensiert werden. Wo, wenn nicht bei der Rad-Infrastruktur?

    Diese Leute fahren nur für den Wahlkampf Rad, und für ausreichend Platz wird gesorgt.

  • M
    Maike

    Und die Leute, die sowas beschliessen, sind die gleichen, die mich dann von der Straße hupen, weil der Radweg voller Schnee oder Schlaglöcher ist oder gar nicht vorhanden. Das sind die selben Leute, die Autobahnen vor meiner Haustür bauen und behaupten, das halte den Verkehr aus den Stadtteilen raus.

    Meine Haustür ist der Stadtteil. Ihr seid der Verkehr, der da durchgeht, ob jetzt auf der Autobahn oder der Bundesstraße. Und ich gehöre zu denen, die euren Verkehr flüssiger machen, indem ich mich nicht ins Auto setze, ihr Knalltüten.

  • F
    Faltbrot

    So wird es gemacht! ,siehe ARTE Mediathek Global-Sendung vom 10.09.min 23:53

  • G
    G-hoernchen

    Komisch: Und das obwohl die Elite doch das Fahrrad für sich entdeckt hat. Unter Reichen ist Radfahren doch hipp geworden, tz tz tz tz!

  • L
    Locid

    Man bräuchte gar keine neuen Radwege bauen, wenn man den öffentlichen Nahverkehr stark ausbauen würde, Höchstgeschwindigkeit innerorts auf 30km, außerorts auf 50kmh. Maximal ein Auto pro Haushalt. Optimal wäre eigentlich gar keins. Wobei es wohl erst mal helfen würde die Höchstgeschindigkeit über Land zu reduzieren, da dort viele unterschiedliche Geschwindigkeiten gefahren werden. 50kmh. Und auf den Autobahnen der Umwelt zuliebe 80kmh. Da kommen sich LKW und Autos auch nicht mehr so in die Quere. Ist man dadurch deutlich langsamer Unterwegs? Nein. Einfach Abends ein paar Minuten auf VerblödungsTV verzichten.

  • SM
    stephan mirwalt

    Der deutsche Spießer braucht nicht mit dem Auto zu fahren.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.

  • RF
    Rad fahrer

    In Holland ist es auch flacher.

    Gute Radwege sind Infrastruktur. Auch weil man immer mehr Elektro-Fahrräder sieht, aber die Stadtverwaltung nicht mal Solarbetriebene USB-Ladestecker gebacken kriegt. Für Radfahrer also noch weniger.

    Verhetzte Autofahrer erkennen nicht, das jeder Radfahrer ein freier Parkplatz ist.

     

    Die Strukturen sind nicht so, das man effizient von A nach B kommt.

    Und die Lösung ist nicht Politik sondern MeinBus in Besser oder andere "Graswurzel"-Internet-Projekte.

    Man sollte eine Firma für Elektrorollstühle aufkaufen und Elektro-"Ketkars" für Berlin bauen. Tempo 30 durch die faktische Macht des Normativen ohne überhaupt gewählt zu sein. Soo schlau ist Trittin und seine Basis (die das problemlos finanzieren kann) leider nicht.

  • H
    heidi

    Stimme voll zu. Man kann nicht sagen, Klimaverbesserung wolle man und sei gegen die Umweltverschmutzung - unterstützt aber nicht diejenigen, die gewillt sind aufs Auto zu verzichten. Ganz abgesehen vom gesundheitl. Aspekt - mit dem man dann die Krankenkassen schont. Superheuchler diese Politiker.

  • C
    CarpeTemporem

    Radfahrer haben eben keine starke Lobby, welche die Parteien jedes Jahrt mit Millionen unterstützt / kauft.

  • M
    Marcus

    Es ist natürlich finanziell einträglicher eine Strafsteuer für das Missgeschick E10 zu erheben als das Radwegenetz auszubauen und zu pflegen um damit das Radfahren schmackhafter zu machen. So viel zum tatsächlichen Willen das Klima zu verbessern. Es geht einfach immer nur um eines: Geld und Gier.

     

    In Holland gibt es ein funktionierendes Radwegenetz, das auch benutzt wird, weil es so gut ist. Dort werden im Winter auch zuerst die Radwege geräumt bevor die Straßen drankommen. Bei uns werden Radwege im Winter oft überhaupt nicht geräumt - eher im Gegenteil, da kommt der ganze Schnodder von der Straße erst recht drauf, damit ja kein Radler mehr fahren kann.