Regierung gegen EU-Frauenquote: Der falsche Weg
Die Justizministerin und die Familienministerin halten nichts von einer EU-Frauenquote. Sie sprechen sich in einem gemeinsamen Brief dagegen aus.
BERLIN dpa | Die Bundesregierung will die Einführung einer Frauenquote für Unternehmensführungen durch die Europäische Union verhindern. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Familienministerin Kristina Schröder (CDU) schreiben nach Informationen der Süddeutschen Zeitung in einem gemeinsamen Brief, dass eine rechtlich bindende Vorgabe der EU für eine Quote nicht der richtige Weg sei.
Zuvor hatte sich bereits ein knappes Dutzend Länder gegen den Vorstoß von EU-Justizkommissarin Viviane Reding für eine Frauenquote ausgesprochen. Mit dem Brief der beiden deutschen Ministerinnen hat sich nun auch Deutschland offen auf die Seite der Quoten-Gegner gestellt.
Grünen-Chefin Claudia Roth nannte den Vorgang „peinlich für die größte Volkswirtschaft Europas“. „Union und FDP ignorieren aus ideologischer Verblendung die Realität von Frauen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt“, sagte sie. Dabei brauche es schleunigst eine gesetzliche Regelung.
Auch die Arbeitsministerin und stellvertretende CDU-Vorsitzende Ursula von der Leyen will eine verbindliche 30-Prozent-Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten, wo derzeit nur 3 beziehungsweise 12 Prozent der Mitglieder Frauen sind.
Existenz des Schreibens bestätigt
In ihrem Schreiben bemängeln die Ministerinnen Schröder und Leutheusser-Schnarrenberger, die Quote werde „weder den unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in den EU-Mitgliedstaaten noch den branchenspezifischen Bedürfnissen der Unternehmen gerecht“. Das Familienministerium bestätigte am Samstag die Existenz des Schreibens.
Der Brief ist dem Bericht zufolge an den britischen Wirtschaftsminister Vince Cable adressiert. Großbritannien bemüht sich unter Federführung von Cable seit längerem, die von EU-Justizkommissarin Reding geplante Frauenquote zu verhindern.
Redings Entwurf sieht vor, dass börsennotierte Unternehmen bis 2020 mindestens zwei von fünf Aufsichtsratsposten mit dem „jeweils unterrepräsentierten Geschlecht“, meist also Frauen, besetzen sollen. Firmen mit staatlicher Beteiligung sollen die Quote bereits 2018 einführen.
Sperrminorität
Betriebe, die die Auflagen nicht einhalten, werden bestraft. Die Vorschrift soll nur für Unternehmen gelten, die mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigen und über 50 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften.
Deutschland und die zehn Staaten, die sich bereits Anfang September gegen eine EU-Quote gestellt haben, verfügen in Brüssel zusammen über eine Sperrminorität – Reding wird ihre Quote damit voraussichtlich nicht durchsetzen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste