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Archiv-Artikel

Regelmäßiger Kniefall

betr.: „DGB: Umarmen und abgrenzen“

GewerkschafterInnen – unbekannte Wesen für die taz. Dass die Forderungen des DGB auch noch die Interessenlage der Gewerkschaftsmitglieder widerspiegeln – na was denn sonst! Wer, meinen Sie, wenn nicht die Gewerkschaften, vertritt denn noch offen Arbeitnehmerinteressen?

Aber in die Niederungen der menschlichen Arbeitsexistenz haben Sie sich wohl noch nicht herabgelassen. Ist auch irgendwie uncool, betrifft ja noch keine schützenswerte Minderheit, sondern nur Hunderttausende! Keine Arbeitslosen, 1-Euro-Jobber und unter Druck stehende ältere Arbeitnehmer in Familie und Freundeskreis – so wie ich –, die Sie hätten fragen können? Die ich kenne, hätten jedenfalls nichts gegen den Mindestlohn einzuwenden – aber mit dieser unverschämten Forderung bedrohen sie dann wohl den „Niedriglohnsektor“. Längst werden Qualifizierten, gut Ausgebildeten Jobs für fünf Euro die Stunde angeboten – immer mit dem Hinweis, „es gäbe ja genug Interessenten, die machen es auch für weniger!“ Die fehlende Kohle zum Überleben übernehmen dann ja wieder wir Steuerzahler.

Im Übrigen bin ich für das bedingungslose Grundeinkommen. Aber das wird wohl eher daran scheitern, dass in den Köpfen auch der meisten MitbürgerInnen – nicht nur der Politiker – die Vorstellung, Geld ohne Demütigungen zu verteilen, unvorstellbar ist: Wenigstens der regelmäßige Kniefall vor der Verteilung der wenigen Kohle muss sein! RENATE PASSAWAND, Berlin