Reformen in Griechenland: Parlament stimmt fürs Sparen
Höhere Steuern auf Wein, weniger Schutz vor Zwangsversteigerungen: Alexis Tsipras bringt teils umstrittene Neuerungen durch.
Wenige Stunden vor der Abstimmung kehrten zwei Parlamentarier der Koalition von Ministerpräsident Alexis Tsipras den Rücken. Der frühere Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis sagte, er könne die Politik der Regierung nicht weiter unterstützen und gab sein Mandat an Tsipras‘ linke Syriza-Partei zurück. Kurz darauf kündigte der Parlamentarier Nikos Nikolopoulos vom Koalitionspartner Unabhängige Griechen an, er werde gegen die Regierung stimmen.
Während Sakellaridis durch einen Nachrücker ersetzt wird, behält Nikolopoulos seinen Abgeordnetensitz. Weil er aber aus seiner Fraktion ausgeschlossen wurde, steht Tsipras‘ Koalition vor einer Reihe weiterer wichtiger Abstimmungen – etwa zur Rentenreform – nur noch mit einer Mehrheit von 153 der 300 Sitze da.
Vor allem die Reform bei Zwangsversteigerungen von Wohneigentum war umstritten. Sie betrifft Hunderttausende Familien im Land, deren Erstwohnsitz bislang weitgehend vor Zwangsvollstreckungen geschützt ist. Wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise mit Lohnkürzungen und Massenarbeitslosigkeit haben immer mehr Griechen Probleme, ihre Hypotheken zu zahlen. Rund ein Drittel aller Kredite wird nicht bedient oder ist im Zahlungsverzug – 2011 waren es noch 14 Prozent.
Tsipras war im Januar mit dem Versprechen an die Regierung gekommen, den Sparkurs zu beenden, den seine Vorgänger im Gegenzug für Kredite von EZB, EU und Internationalem Währungsfonds eingeschlagen hatten. Im Frühsommer stand Griechenland jedoch kurz vor dem Staatsbankrott, ein Ausscheiden aus dem Euro drohte. Tsipras lenkte ein. Kurz darauf ließ er Neuwahlen ausschreiben und wurde wiedergewählt. Die jetzige Abstimmung ist Voraussetzung dafür, dass die Geldgeber zwölf Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds auszahlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland