Reformen bei der Deutschen Bahn: „Die alte Bahncard muss bleiben“
Das neue Angebot einer dreimonatigen Bahncard sei gut, dürfe aber nicht die einjährige ersetzen, sagt Heidi Tischmann, Bahnexpertin vom VCD.
taz: Frau Tischmann, die Deutsche Bahn hat weitreichende Veränderungen bei ihrem Fernverkehrsangebot auf der Schiene angekündigt. Unter anderem sollen die ICE in mehr Städten als bisher halten. Was halten Sie davon?
Heidi Tischmann: Die bisher bekannt gewordenen Maßnahmen sind mehr als überfällig. In den Jahren nach der Bahnreform 1994 hat die Bahn ihr Angebot immer weiter ausgedünnt und Strecken stillgelegt. Die Zahl der Fernverkehrsreisenden ist dementsprechend auch seit Jahren gesunken. Dazu kommt nun noch aktuell die steigende Konkurrenz durch Fernbusse und die niedrigen Spritpreise. Die Bahn hat anscheinend eingesehen, dass sich endlich etwas ändern muss.
Was halten Sie von einer neuen geplanten Bahncard, die anders als die bisherige nicht ein ganzes Jahr, sondern drei Monate Rabatt auf den Fahrpreis gewähren soll?
Kunden, die nur für eine kurze Zeit pendeln oder ausprobieren möchten, ob sich die Bahncard für sie lohnt, würden davon natürlich profitieren. Dies gilt aber nur, solange es ein zusätzliches Angebot bleibt und die einjährigen Bahncards dafür nicht abgeschafft werden.
In den vergangenen Jahren sind die Kosten für Sitzplatzreservierungen stetig gestiegen, derzeit kosten sie 4,50 Euro pro Fahrt. Nun sollen sie kostenlos werden. Das klingt erst einmal gut, oder?
Aus Sicht der Fahrgäste klingt das gut. Mir ist aber nicht klar, wie die Bahn das in der Praxis organisieren will. Die teuren Reservierungskosten hat die Deutsche Bahn in der Vergangenheit damit begründet, dass Unternehmen davon abgehalten werden sollten, für ihre Dienstreisen vorsorglich Plätze zu reservieren, die dann nicht gebraucht wurden. Ich bin gespannt, wie sie das zukünftig bei einer kostenlosen Reservierung regeln will.
Wo gehen die Pläne der Bahn Ihrer Meinung nach noch nicht weit genug?
Bisher sind die Pläne der Deutschen Bahn ja noch nicht im Detail bekannt. Es wäre aber sinnvoll, wenn alle Groß- und Mittelstädte in Deutschland und auch die wichtigen Tourismusregionen mindestens im Stundentakt an den Fernverkehr angebunden sind, auch abends und an den Wochenenden. Außerdem müssen alle Angebote des Nah- und Fernverkehrs optimal miteinander verknüpft werden, so dass beim Umsteigen keine langen Wartezeiten entstehen.
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